und was der Unterschied zwischen spekulieren mit Aktien und investieren in Aktien ist.
In einer Umfrage geben 76% der Deutschen an hohes Vertrauen in das Sparbuch als Anlageform zu haben. Lediglich 18% trauen Aktien als Anlage für ihr Erspartes. (1) Außerdem sind über die Hälfte der Befragten einer weiteren Umfrage der Meinung, dass Aktien langfristig nicht mehr Rendite abwerfen als andere Anlageformen. (2) So ist eine Aktionärsquote in Deutschland von lediglich 5,6% (direkt), bzw. 13,8% (direkt + indirekt) nicht weiter überraschend. Zum Vergleich: In den Niederlanden sind 30% der Bevölkerung direkt in Aktien investiert. (3)
Warum haben die Deutschen Angst vor dem Kapitalmarkt?
Laut einer Studie von Goldman Sachs, ist Sicherheit für deutsche Anleger das oberste Kriterium. Dahinter folgt das Bedürfnis nach schnellem Zugriff auf das Geld und lediglich neun Prozent halten eine hohe Rendite für wichtig. Gleichzeitig ist die größte Sorge der Befragten die Inflation. (4)
Das muss man sich also erstmal auf der Zunge zergehen lassen: Rendite ist nur 9% der deutschen Anleger wichtig, schnelle Verfügbarkeit des Geldes jedoch 25%. Wenn ich das Investieren als langfristiges Projekt ansehe, mit dem Ziel über 10, 15, 20 Jahre ein ansprechendes Fyou Money aufzubauen, wie kann mir dann Verfügbarkeit wichtiger als Rendite sein? Ja, wer in Aktien investiert, muss damit rechnen, dass das Portfolio auch mal über mehrere Jahre rot ist. Und ja, für einen 65 jährigen ist das wohl nicht der beste Plan. Aber, wer langfristig investiert und das investierte Kapital nicht im Alltag benötigt, der kommt um Aktien nicht herum.
Ein weiterer Grund warum viele Deutsche vor einem Investment in Aktien zurückschrecken, ist empfundene Komplexität. Die Märkte scheinen eine Matrix aus Zahlen, Graphen und Analysen zu sein. Furchtbar kompliziert und wenn es einfach wäre, würden Investmentbanker doch nicht so viel verdienen…oder? Außerdem andauernd Schreckensnachrichten in der Telebörse bei ntv und Anja Kohl zieht in der Börse vor Acht auch schon wieder ein Gesicht wie 100 Jahre Regenwetter. Das ist doch kein gutes Zeichen!
Das Problem ist, dass niemandem erklärt wird, wie die Märkte funktionieren, wie man Aktien kauft und wie man seine Finanzen in die eigenen Hände nimmt. Weder in der Schule noch im Studium (ich habe einen Master in Finance & Accounting und während meines Studiums zwar Call-Optionen hoch und runter gerechnet aber nie von einem ETF gehört). Und wenn man sich mit Freunden und Verwandten darüber unterhält, halten diese Aktien meistens für gefährlich oder nur etwas für Reiche und Zocker. Man wird höchstens an den langjährigen Anlageberater verwiesen. „So ein netter Mensch, der kümmert sich da um alles“.
Und genau mit dieser vermeintlichen Komplexität verdienen viele tausend Finanzberater, Banker und Versicherungsverkäufer ihr Geld. Und lassen sich ihre Dienste fürstlich bezahlen. Zu Lasten der Anleger.
Wer bereit ist ein wenig Zeit zu investieren um entsprechendes Wissen zu erlangen und dann den Mut hat, seine Finanzen in die eigenen Hände zu nehmen, wird am Ende viele tausend Euro sparen und deutlich mehr Rendite erzielen. Davon bin ich überzeugt und die Daten sprechen für sich. Aber man kann dann am Ende, sollte es doch nicht zum erhofften Ergebnis kommen, halt nicht mit dem Finger auf seinen Berater zeigen…
Drei Gründe warum du in Aktien investieren solltest
1. Du hast keine wirkliche Alternative
Nehmen wir an, du entscheidest dich für den Vermögensaufbau aber Aktien sind nicht dein Ding. Zu volatil, zu kapitalistisch, zu kompliziert. Nunja, Muttern hat ja auch immer Geld auf’s Sparbuch getan und es schien ja zu funktionieren.
Also erste Alternative: Sparbuch.
Immerhin 51% der deutschen Sparer nutzen ein Sparbuch. Es ist einfach und sicher. Man kann garantiert nichts verlieren (Einlagensicherung in der EU für Beträge unter 100.000 Euro).
Aber leider auch nicht viel gewinnen: 2016 lag die durchschnittliche Verzinsung bei 0,21% (Sparereckzins) (5). Die Inflationsrate in Deutschland lag im Juni 2016 allerdings bei 0,30%.
Das bedeutet, wenn du heute 10.000 Euro auf dein Sparkonto legst und 10 Jahre liegen lässt (bei angenommen gleichbleibenden Umständen) hast du am Ende (nach Abzug der Inflation)…ta daaa…. 9.910,40 Euro. Was blöd ist, weil wir ja einen Vermögensaufbau anstreben, keinen Vermögensabbau.
Eine alternative zum klassischen Sparbuch ist das Tagesgeldkonto. Hier können häufig etwas höhere Zinsen (Juli 2016: 1,1% bei der Volkswagen Bank) erzielt werden. Diese gelten als eine Art Anreiz meistens nur für einige Monate. Und auch 1,1% werden uns auf Dauer nicht finanziell unabhängig machen. Wer jedoch weiß, dass das Geld in einigen Monaten gebraucht wird, der sollte sein Geld natürlich lieber auf einem Tagesgeldkonto parken als auf dem Girokonto. So ist es wenigstens etwas vor der Inflation geschützt.
Zweite Alternative: Staatsanleihen
Vater Staat für 10 Jahre etwas Geld leihen und dafür eine vernünftige Verzinsung erhalten, galt lange als sichere Sache. Gerade diese Sicherheit lässt in Krisenzeiten jedoch die Nachfrage nach Anleihen in die Höhe schießen. Als logische Folge muss der Staat immer weniger Zinsen zahlen um neue Schulden aufzunehmen.
Während 1995 die Bundesrepublik Deutschland eine zehnjährige Staatsanleihe also noch mit 6% verzinste, waren es 2015 nur noch 0,54%. Zeitweise gab es in 2016 sogar negative Zinsen, d.h. man bezahlt den Staat dafür um bei ihm als „sicheren Hafen“ sein Geld lagern zu dürfen. Für zehnjährige Staatsanleihen Griechenlands gibt es auch 2016 noch 7,89%, jedoch mit dem entsprechenden Risiko einen Staat zu finanzieren, der schon mehrmals am Rande der Pleite stand.
Wir schließen daraus: Auch Staatsanleihen könne uns nicht zum Fyou Money bringen.
Dritte Alternative: Die Lebensversicherung
Immerhin 35% der Sparer geben an eine Lebensversicherung zu haben und diese als Anlageform benutzen. (6) Diese sind recht heterogen zusammengesetzt und bestehen meistens aus Kapital-, Renten-, oder Risikoversicherungen, wobei Rentenversicherungen die Kapitalversicherungen von Platz 1 abgelöst haben.
Doch, Kapitallebensversicherungen taugen nicht zur Altersvorsorge. Die Renditen sind niedrig und die Kosten hoch (und häufig sehr undurchsichtig). Wer zum 01.01.2015 einen Neuvertrag abschloss, bekam noch einen Garantiezins von 1,25%. Der Garantiezins gilt dabei nicht auf den gesamten Beitrag, sondern auf den Sparanteil. Je nach der Kostenquote des Anbieters liegt die Beitragsrendite also unter 1,25%. Damit bleibt dem Versicherungsnehmer nur die Hoffnung auf eine höhere Gewinnbeteiligung der Gesellschaft. Ein wirksamer Inflationsschutz sieht anders aus. Die Kosten sind zudem häufig undurchsichtig und eine Kostenquote von 20% erscheint schwer zu rechtfertigen. Dazu kommt, dass im Zuge der niedrigen Zinsen einige Anbieter in arge finanzielle Probleme zu sein scheinen (7).
Dazu kommen noch etliche Mischanlageformen, Bausparverträge, Festgeldkonten etc. Der Tenor bleibt immer gleich: Relative Sicherheit im Tausch für niedrige Verzinsung. Wie wir im Laufe dieses und folgender Posts aber feststellen werden, ist Risiko unvermeidbar. Es macht für einen langfristigen Investor Sinn, durch zeitweise unruhige Gewässer zu fahren, um am Ende bei einer höheren durchschnittlichen Rendite anzukommen.
2. Langfristig in den Markt und nicht in einzelne Aktien investieren
Die Zauberformel hier lautet: Indexing, not stock picking. Einzelne Aktien sind volatil und unterliegen großen Kursschwankungen. Dadurch sind natürlich traumhafte Gewinne möglich. Wer vor fünf Jahren all sein Geld in Aktien der Fresenius SE & Co. KGaA gesteckt hat, profitiert von einem 170%igen Kursanstieg (Stand: 19.07.2016). Wahnsinn, oder? Schon, aber hätte derjenige sein Geld in Aktien der Commerzbank gesteckt, hätte sein Investment um 66% an Wert verloren. Hätte er oder sie aber sein Geld über den gesamten DAX 30 gestreut, so wäre ein sehr guter Kursanstieg um fast 40% die Folge gewesen.
Die Frage lautet: Wie kann man die zukünftigen Winner von den Losern unterscheiden? Woher weiß ich in welche Aktie ich investieren soll? Wie identifiziere ich den nächsten Fresenius? Wie verdopple ich in 5 Jahren mal eben mein Vermögen?
Die (ernüchternde) Antwort lautet: Gar nicht. Du kannst es nicht. Ich kann es nicht. Und zur Beruhigung: Die Leute an der Wall-Street können es auch nicht. Warren Buffett kann es erstaunlich oft. Doch selbst er rät Investoren: Investiere lieber günstig in den gesamten Markt. Eine Alternative wäre es die Investitionsentscheidungen einem Profi zu überlassen, der die Streuung der Investition für einen übernimmt und dem Anleger hohe Renditen in Aussicht stellt. Dies ist über aktiv verwaltete Fonds möglich. Diese werden einem gerne vom Anlageberater angepriesen. Warum? Weil diese nicht billig sind. Der Manager möchte jährlich einen gewissen Prozentsatz für seine Expertise haben. Der Anlageberater möchte Provision haben und einen Ausgabeaufschlag gibt es meistens auch noch.
Das ernüchternde Ergebnisse? Auf Dauer (und darauf kommt es beim langfristigen Vermögensaufbau an) kann kaum ein Fondsmanager den Markt schlagen. Und wie soll man im Voraus wissen welcher Fondsmanager der Beste ist? Wer das beste Ergebnis in der Vergangenheit erzielt hat? Studien zeigen deutlich, dass die historische Rendite kein Indikator für die zukünftige Entwicklung ist. Sehr wahrscheinlich ist es also, dass man am Ende gegenüber dem Markt auf Rendite verzichtet hat und zudem noch hohe Kosten in Kauf genommen hat. Und das, weil man Angst hatte seine finanzielle Freiheit in die eigenen Hände zu nehmen. Gewinner sind hier nur der Fondsmanager und der Anlageberater.
Aber wer ist eigentlich dieser Markt, der so schwer zu schlagen scheint? Und wie investiere ich in ihn?
Man hört vieles über diesen Markt. Mikroökonomisch gesehen ist ein Markt das Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage, durch das sich Preise bilden. Im Zusammenhang mit dem Investieren, sind mit dem Markt meist Aktienindizes gemeint. Ein Aktienindex ist eine Kennzahl für die Entwicklung einer Mehrzahl von Aktienkursen. Der DAX beispielsweise ist ein Aktienindex, der die 30 größten (gemessen an der Marktkapitalisierung) und umsatzstärksten (gemessen an dem Orderbuchumsatz) deutschen Firmen beinhaltet. Der DAX wird als Performance- und Kursindex veröffentlicht, die Verwendung des Performanceindex ist aber gebräuchlicher (Berücksichtigung der Dividenden). Die Gewichtung der 30 Firmen im DAX erfolgt proportional zur berechneten Marktkapitalisierung (Freefloat) eines Unternehmen.
Das soll es erstmal zur Technik reichen. Was wirklich wichtig ist, ist das Aktienindizes gerne als „Stimmungsbarometer“ für einzelne Volkswirtschaften gesehen werden. Da die DAX-Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen stammen, stellt der DAX also eine Art Indikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland dar. Genauso gibt es Indizes für die USA (S&P 500), Japan (Nikkei) oder gleich die gesamte Weltwirtschaft. Da ihre Entwicklung nicht von einzelnen Branchen abhängt, ist ihre Entwicklung weniger volatil, die Kursausschläge also weniger heftig. Wer beispielsweise in den S&P 500 investiert, setzt darauf, dass sich die amerikanische Volkswirtschaft in den nächsten Jahren (Jahrzehnten) positiv entwickelt.
Daraus ergibt sich dann auch die Stärke des Indizes: Sie bilden die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ab. Wenn es einer Branche schlecht geht, floriert eine andere. Wenn ein Unternehmen pleite geht, steigt ein neues auf.
Wer in den letzten Jahrzehnten stur in den DAX oder S&P 500 investiert hat, ist damit gut gefahren:
(Stand Juli 2016)
Ja, es geht hoch und runter, auf und ab. Aber langfristig (besonders gut am S&P 500 zu erkennen, da er eine längere Historie vorweist), steigt der Index. Warum ich glaube, dass es auch in Zukunft auf und ab geht aber im Durchschnitt nach oben, dazu in einem folgenden Post.
Wie investiere ich jetzt aber in den Markt? Muss ich 30 deutsche Aktien und 500 Amerikanische kaufen? Und was, wenn ich den Weltmarkt investieren möchte? – Nein, das ist deutlich einfacher und deutlich günstiger. Das Mittel unserer Wahl werden ETFs (Exchange Traded Funds) sein. Was das genau ist, welche Arten es gibt und wie man welche erwirbt, erläutere ich im nächsten Post.
3. Time not Timing
Viele Menschen haben Angst zu einem falschen Zeitpunkt in den Aktienmarkt einzusteigen. Was wenn eine Woche nachdem ich einen beträchtlichen Betrag angelegt habe, die nächste Finanzkrise kommt? Wie 2007? Wäre es nicht klug, die nächste Krise abzuwarten und am tiefsten Punkt zu kaufen? Billig kaufen und teuer verkaufen? Ja, das ist alles richtig aber für dich aus folgenden Gründen nicht relevant:
- Du kannst den nächsten Crash nicht vorhersagen. Viele Möchtegern-Gurus tun zwar so, einige hatten in der Vergangenheit sogar mal Glück mit einem Tipp. Das ist allerdings nur eine Frage der Statistik. Wenn 100 Pseudo-Analysten einen Tipp für den nächsten Crash abgeben, wird am Ende einer Recht behalten. Der hat dann das große Los gezogen. Wird wie Max Otte mit einem Buch, das die Ängste der Menschen anspricht, zum Bestseller-Autor. Und bei ntv als Experte eingestellt.
Fakt ist: Niemand kann vorhersagen wann der nächste Crash kommt, wie lange es dauert und was der nächste Höchststand sein wird. - If you’re not in when it falls, you’re not in when it rises. Einfache Weisheit: Wer während der Krise nicht im Markt investiert ist, wird es wahrscheinlich auch nicht sein, wenn die Wirtschaft blüht.
- Gelegentliche Crashs sind für einen langfristigen Investor nicht relevant. Klar ist es immer schöner zu einem Tiefstand einzusteigen und am besten geht es von dort aus immer nur bergauf. Das wird es aber nicht. Es wird immer wieder Crashs (kleine und große) geben. Aber solange die Grundhaltung ist, dass die Wirtschaft insgesamt über die Jahrzehnte wächst, so ist das ok. Wenn dein Ziel der finanziellen Freiheit noch 15-20 Jahre entfernt ist, dann tun die Crashs nicht weh. Das ist der Grund, weshalb wir nur Geld investieren, das wir kurzfristig nicht brauchen. Während eines Crashs heißt es Ruhe bewahren, bloß nicht verkaufen und am besten weiter günstig Anteile kaufen.
Wir werden in weiteren Post darauf eingehen, wie wir verfahren, wenn wir unserem Fyou Money Ziel zeitlich näher kommen. Sobald man vom Ersparten leben möchte, sind Crashs relevanter und wir werden unser Portfolio Schritt für Schritt umstricken. Aktien werden zwar im Portfolio bleiben aber Bonds (Staatsanleihen) werden einen wachsenden Prozentsatz ausmachen, um für Stabilität zu sorgen. Doch gerade in jungen Jahren können und müssen Risiken in Kauf genommen werden.
In den kommenden Artikeln werden wir auf einzelne Details eingehen wie: Was ist ein ETF und wie kaufe ich ihn? Wie diversifizier ich? Wie viel investiere ich? Wie spare ich am besten?
Ich würde mich über Ergänzungen, Hinweise und Kommentare freuen!
Cheers.
(1) Umfrage Axel Springer 2008
(2) Manager Magazin 2013
(3) Statista 2016
(4) Goldman Sachs/FAZ 2014
(5) Handelsblatt
(6) Statista
(7) Handelsblatt
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