Freitagsgedanken zu Behavioral Finance: Der Momentum-Effekt

Behavioral finance

Was ist der Momentum-Effekt? Lässt er sich durch Behavioral Finance Konzepte erklären? Kann ich den Momentum-Effekt für meinen Vermögensaufbau nutzen?
Diese Fragen klären wir in der dritten Ausgabe der „Freitagsgedanken zu Behavioral Finance“.

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„I will tell you how to become rich. Close the doors. Be fearful when others are greedy. Be greedy when others are fearful.“ – Warren Buffett

Was ist der Momentum-Effekt?

Wer in der Schule gut aufgepasst hat, wird sich erinnern: Momentum ist das Produkt von Masse und Geschwindigkeit. Doch schon im Beitrag zu Smart-Beta ETFs, lernten wir eine weitere Definition dieses Begriffs kennen.  In der Finanzwelt beschreibt der Effekt ein empirisch zu beobachtendes Phänomen. Aktienkurse (aber auch Rohstoffpreise), die in einem gewissen Zeitraum bis heute gestiegen sind, tendieren dazu auf für einen weiteren Zeitraum in der Zukunft eher zu steigen. Sie haben also Momentum aufgebaut. Das gleiche Phänomen lässt sich für fallende Kurse beobachten. Diese tendieren dazu, auch in der Zukunft zu fallen.

Die Tatsache, dass sich dieser Effekt kontinuierlich nachweisen lässt, ärgert Wissenschaftler. Oder zumindest stört es ein sehr schmeichelhaftes Modell der Finanzwissenschaft: Die Hypothese der effizienten Märkte. In diesem Modell wird von rationalen Investoren ausgegangen, die sämtliche verfügbare Informationen sofort verarbeiten und ihre Anlageentscheidungen entsprechend ändern. Wenn also eine neue, wertrelevante Information verfügbar ist, verarbeitet der Markt diese sofort und schätzt ihre Auswirkungen auf den Wert eines Unternehmens oder eines Rohstoffes ein. In der Folge passen sich Angebot und Nachfrage an und führen zu einem neuen Kurs. Das alles passiert in dem Modell quasi sofort. Wenn eine gute Nachricht über ein Unternehmen publik wird, klettert seine Aktie nicht über mehrere Tage in kleinen Schritten, sondern passt sich sofort an. Da alle Investoren dieselbe Information besitzen und rational handeln, kann ich als Privatanleger aus ihr keinen Profit schlagen. In der Sekunde, in der die Information bekannt wird, ist sie bereits im Kurs eingepreist. Auch die Erweiterungen der Effiziente-Märkte-Hypothese, das CAPM und das 3-Faktoren Modell von Fama und French, können den Momentum-Effekt nicht erklären.

Den Markt schlagen mittels Momentum-Effekt

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Es gibt also scheinbar eine beobachtbare Marktanomalie? „Super“, denken sich da findige Finanzjongleure, „dann kann ich damit doch sicherlich reich werden.“ Gedacht, getan bauen sich besagte Investoren das folgende Portfolio:

  • Sie messen für einen bestimmten Zeitraum die Performance aller Aktien und sortieren sich nach Rendite
  • Die besten 10% der Aktien, gemessen an der Rendite, kaufen sie
  • Die schlechtesten 10% der Aktien werden leer verkauft
  • Die Prozedur wiederholt sich anschließend monatlich.

Trifft der Momentum-Effekt zu, wird ein Großteil der Aktien im oberen 10% Abschnitt auch in Zukunft weiter steigen, während die schlechtesten 10% der Aktien auch in einem Zeitraum in der Zukunft weiter schlecht performen. Bewahrheitet sich dies, so fällt die Rendite des Gesamtportfolios natürlich deutlich besser aus, als die Marktrendite. In einigen Studien konnte dies bereits nachgewiesen werden, was aber natürlich nicht bedeutet, dass der Effekt auch für die Zukunft zutrifft.

Emotionen und der Momentum-Effekt: Kann Behavioral Finance das Phänomen erklären?

Da Kapitalmarktmodelle den Momentum-Effekt nicht erklären können, er aber nachweislich auftritt, muss die Behavioral Finance einspringen. Liegt die Ursache für das Auftreten der Marktanomalie also vielleicht in der Psyche der Investoren?

In der ersten Ausgabe der Freitagsgedanken, habe ich typische Emotionen oder „Biase“ vorgestellt, mit Hilfe derer die Wissenschaft irrationales Investorenverhalten zu erklären versucht. Eine dieser Emotionen ist „overconfidence“ oder auch Selbstüberschätzung. Diese sehr menschliche Emotion, kann eine Erklärung für den Momentum-Effekt liefern. Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen:

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Hipster Finn-Sören, von seinen Eltern liebevoll Finni genannt aber er bevorzugt FS, sitzt bei einem Vanilla Latte im Kaffeehaus seines Vertrauens. Im Hintergrund klingen Soft-Minimal-Cafehouse Beats. Auf der Straße läuft ein Spießer im feinen Anzug vorbei. FS lächelt wissend. Was ein mainstreamiger Spießbürger. Nach einem Schluck vom mit feiner biologischer Vanille angereichertem und fairtrade gesourctem Heißgetränk gerät FS allerdings ins Grübeln. Seine Leidenschaft für Vanilla Lattes und Food-Trucks hat über die letzten Monate für ein unschönes Loch im Geldbeutel gesorgt. Glücklicherweise nur im übertragenden Sinne, denn schließlich ist das gute Stück aus echter biologischer Alpaca-Wolle.

FS beschließt es dem Spießbürger im Anzug gleich zu tun und etwas Geld zu scheffeln. Durch seinen Job im Bereich Medien und Design und vor allem Geburtstagspost von Mami und Papi aus dem Ländle sind auf seinem Sparkonto 10.000 Euro zusammengekommen. Daraus müsste sich doch etwas machen lassen, denkt FS. Denn initialen Gedanken eine Firma zu gründen um eine Limonade auf Grundlage von Bio-Mateteeblättern zu vertreiben, verwirft FS schnell. Zu viel Arbeit und Finn-Sören’s Expertise liegt eher im Kaffee-Segment.

FS hat schließlich einen großartigen Einfall. Jeder liebt doch Kaffee. Er selber will ja überhaupt erst investieren um seinen täglichen Vanilla Latte zu finanzieren. Ein Café scheint also eine todsichere Investition. Aber noch viel besser sind 10.000 Kaffees. Und noch angenehmer gestaltet es sich, wenn man nicht selber als Barista fungieren muss. FS geht auf gogoduck.com und findet heraus: Seine Lieblingskaffeehauskette ist an der Börse notiert. Er kann also Aktien kaufen, Vanilla Lattes schlürfen und während er noch darauf wartet, dass sein Getränk abkühlt verdient er schon an seinem eigenen Genuss mit. Genial. Finn-Sören ordert sofort für 5.000 Euro Kaffeehausaktien.

Eine Woche später klappt FS seinen Macbook Air auf und checkt sein Depot. Der Anblick erfreut seine Augen: Die Kaffeehaus-Corporation hat gute Zahlen vorgelegt und die Aktie ist um 5% in die Höhe geklettert. Und FS wusste es! Eben ein todsicheres Investment. Der Vanilla Latte ist die Kartoffel des 21ten Jahrhunderts! FS prahlt bei seinen Hipsterfreunden über seinen Erfolg. Diese, reich an der Zahl und neuen Trends gegenüber immer offen, sind begeistert. FS investiert den Rest seinen Sparbuchs in Kaffeehausaktien. Seine Freunde tuen es ihm gleich, überzeugt von dem offenbaren Ergebnis. Als Folge dessen, steigen die Kurse erneut. Die Hipster fühlen sich bestätigt und investieren immer mehr.

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Was lehrt uns Finn-Sören? Das Investieren eine emotionale Sache ist. Und von Erwartungen gelenkt wird. Wenn Investoren anfänglich Erfolg haben, fühlen sie sich in ihrer Expertise bestätigt. In der Folge kaufen sie mehr Aktien, was die Kurse anziehen lässt. Neue positive Nachrichten werden nun gerne als Bestätigung ihrer Position gesehen. Schlechte Nachrichten dagegen werden ignoriert. So kommt zum Overconfidence-Bias noch ein Selektions-Bias hinzu. Letztendlich mündet dies in einem Momentum der jeweiligen Aktie: Kurssteigerungen werden als Bestätigung angesehen, dadurch wird mehr gekauft, das wiederum treibt die Kurse nach oben. Bis sich irgendwann die Preise so weit von den Fundamentaldaten entfernt haben, dass es zu einer Korrektur kommt. Die Preise fallen wieder.

Alternativ: Der Dispositionseffekt

Eine weitere mögliche Erklärung für den Momentum-Effekt liefert die Behavioral Finance mit dem Dispositionseffekt. In unserem Kontext beschreibt dieser das Phänomen, dass Anleger steigende Aktien häufig zu früh verkaufen und schlechte Aktien zu lange halten. Das liegt an der Angst den besten Ausstieg zu verpassen, bzw. Verluste zu realisieren.

Dieses Verhalten hindert die Aktienkurse daran weiter zu steigen, obwohl die Fundamentaldaten für einen weiteren Kursanstieg sprechen. Andersherum, lässt es schlecht performende Aktien langsamer fallen, weil Anleger nicht verkaufen wollen. Die Marktreaktion führt also zu einer Verzögerung, bzw. einem Lag. Andere Investoren werden feststellen, dass es eine Lücke zwischen dem wahren Potential einer Aktie und dem momentanen Kurs gibt. Die Aktien sind also unterbewertet. In der Folge kaufen diese Investoren die Aktien von den nervösen Anlegern und die Kurse steigen bis zu ihrem „wahren“ Wert an. Dies beschreibt den Momentum-Effekt. Bei fallenden Kursen funktioniert der Effekt durch Leerverkäufe ganz ähnlich.

Fazit für unser Fyou Money: Kann man durch den Momentum-Effekt den Markt überlisten?

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Findige Banken haben Smart-Beta ETFs aufgelegt, die auf den Erkenntnissen des Momentum-Effekts beruhen. Es ist also für jeden möglich eine solche Strategie zu fahren. Schließlich scheint der Effekt ja empirisch nachgewiesen zu sein, oder?

Das kann man kritisch sehen und ich würde meine Finger davon lassen. Warum? Erstens wurden die meisten dieser Experimente unter „Laborbedingungen“ durchgeführt. Soll heißen: Transaktionskosten wurden vernachlässigt, obwohl diese wohl höher als bei einer Buy-and-Hold Strategie ausfallen dürften. Zweitens: Solche Momentum-ETFs können eine Zeit lang gut performen…und dann schrecklich in die Hose gehen. In einigen wissenschaftlichen Papers findet sich der Begriff „Momentum-Crash“ wieder. Dies beschreibt eine Konstellation bei der ein Momentum-ETF überdurchschnittlich viel verliert. Insbesondere bei Strategien, die Leerverkäufe umfassen, kann ein Momentum-Crash fatal sein. Für langfristige Investoren, erscheint dies wenig attraktiv. Drittens: Solche Smart-Beta ETFs kosten einfach mehr. Wie bereits erwähnt sind die Kosten eines meiner Hauptkriterien bei der ETF-Wahl.

 

Habe ich einen Aspekt vergessen? Hast du weitere Anregungen oder Kommentare? Ich würde mich freuen!

Cheers.

1 Kommentar

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