Pferderennen und Aktien – Was ist der Unterschied?

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Der chinesische Finanzwissenschaftler Fyo Mo Ney (verrückt, diese asiatischen Namen) von der Shanghai School of Applied Financial Fiddlesticks hat vor kurzen erst ein sehr interessantes Paper veröffentlicht. In der Studie geht es um die erstaunlichen Parallelen zwischen Wetten auf Pferderennen und dem Aktienkauf. Da es noch immer Menschen geben soll, die kein Mandarin lesen können, möchte ich im Folgenden die Erkenntnisse von Mr. Mo Ney vorstellen. Der Originaltitel der Studie: „你他妈的,你以为我真的说中国话“. Auf Deutsch übersetzt ungefähr: „Similaritätsanalyse zwischen dem Markt für Pferdewetten und dem Aktienmarkt auf Grundlage eines 4-Faktorenmodells“.

Die Serie „Peaky Blinders“ hat mich derzeit in ihren Bann gezogen. Das Setting: Birmingham 1919 – eine verslumte Industriestadt. Eine Familie versucht sich durch kleine Gaunereien über Wasser zu halten und macht sich schon bald einen Namen im Bereich der Schutzgelderpressung. Doch die illegalen Machenschaften fordern ihren Preis: Bandenkriege, Ärger mit der Polizei und Schlägereien im Pub. Doch dann erkennt Anführer Shelby den wahren Weg in die finanzielle Freiheit für seine Familie. Und das auch noch relativ legal: Pferdewetten.

Vor diesem Hintergrund habe ich die spannende Studie aus China quasi verschlungen und bin noch immer perplex ob der Similaritäten zwischen Aktienhandel und Pferdewette. Es ist so offensichtlich und doch habe ich sie zuvor nie erkannt.

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Money’s the motivation, Money’s the conversation, You on vacation, we gettin‘ paid so we on paycation, I did it for the fam.“  –  2 Chainz

Vergleich der Märkte

Auf dem ersten Blick mag das Wetten auf Pferderennen als ein Freizeitvergnügen der Reichen und Schönen erscheinen. Der Aktienmarkt dagegen ist serious business, hier werden Milliarden umgesetzt und das Fundament für die finanzielle Freiheit vieler Privatanleger gegossen. Auf den zweiten Blick ist dies nicht ganz korrekt. Nüchtern betrachtet, ähneln sich beide Märkte in vielen Punkten.

Zunächst ist da der Kern der Märkte: Sowohl der Markt für Pferdewetten als auch der Aktienmarkt beruhen vor allem auf Hoffnungen und Erwartungen. Der Preismechanismus funktioniert dabei erstaunlich ähnlich. In beiden Märkten treffen eine beliebige Anzahl an Akteuren aufeinander. Jeder Akteur hat formt seine eigenen Erwartungen bezüglich der zukünftigen Entwicklung der zugrundelegenden Assets, nur dass wir im einen Fall von Pferden und im anderen von Unternehmen sprechen. Um diese Erwartungen zu bündeln, haben sich auf beiden Märkten feste Institutionen durchgesetzt. Beim Aktienmarkt ist die Börse dafür zuständig die Erwartungen aller Marktteilnehmer zu sammeln und daraus letztlich einen Kurs zu bestimmen. Dieser Kurs kann stets als fair betrachtet werden, da er alle derzeit verfügbaren Informationen widerspiegelt. Die Marktteilnehmer können in der Folge Aktien erwerben oder abstoßen, immer mit der Gewissheit dies zum fairen Wert der Anteile getan zu haben.

Die Rolle der Börsen übernehmen bei Pferderennen die Buchmacher. Die Gäste auf der Trabrennbahn haben bestimmte Erwartungen bezüglich des Rennausgangs. Dementsprechend platzieren sie ihre Wetten. Im Laufe der Zeit entsteht daraus eine Quote, die die gesammelten Erwartungen der Marktteilnehmer ausdrückt. Selbst Neureiche können so schnell erkennen, welches Pferd von den Marktteilnehmern als Favorit eingeschätzt wird und welches Tier eher in einer Außenseiterrolle agiert. Auch hier kann die Quote als fair angesehen werden.

Die handelbaren Instrumente

Wer an der Börse eine Aktie kauft, hat de facto einen kleinen Anteil an einem Unternehmen erworben. Darüberhinaus gibt es allerdings noch zig weitere Instrumente, mit denen an der Börse gehandelt werden kann. Wenn beispielsweise ein Akteur der Meinung ist, BMW würde in der nächsten Zeit deutlich an Wert verlieren, weil er am Auspuff seines 3er geschnüffelt hat und da etwas faul roch, dann kann er auf einen sinkenden Kurs setzen. Dafür kauft er eine Put-Option oder investiert in CFDs. Er wird also nie Miteigentümer des Unternehmens, doch das war auch nie seine Absicht. Er möchte lediglich seine Erwartungshaltung bezüglich der künftigen Entwicklung der BMW-Aktie monetarisieren. Die Börse bietet ihn dafür das passende Instrument.

Bei Pferdewetten verhält es sich ganz ähnlich. Ein Beispiel: Herbert beobachtet schon länger den Markt für Pferdewetten. Der Star der Szene ist ein stattliches Tier mit dem Namen „Shiny Minimalist“. Alle Rennen der vergangenen Zeit konnte Shiny für sich entscheiden. Doch Herbert ist gut vernetzt und hat ein Gerücht aufgeschnappt. Angeblich soll der Jockey beschlossen haben Shiny auf die Tim S. Spezialdiät zu setzen. Das bedeutet nur noch Reis und Bohnen für das Tier. Während der Jockey von dieser Ernährungsweise überzeugt ist, erwartet Herbert einen rapiden Leistungsverfall. Ein Blick auf die Quoten für das nächste Rennen verrät ihm, dass das Publikum Shiny mit überwältigender Mehrheit wieder als Sieger erwartet. Herbert beschließt also gegen Shiny zu setzen. Das Äquivalent einer Option.

Aber natürlich existiert auch für Pferderennen ein Parallelprodukt zur Aktie. Seit einiger Zeit kann man in sogenannte Horse Power Investment Trusts (kurz: HPIT) investieren. Diese Fonds investieren in ein oder mehrere Rennpferde. Ein erfahrener Fondsverwalter (und im besten Fall Pferdeflüsterer) analysiert den Markt und kauft in Abstimmung mit seinen Anlegern junge hoffnungsvolle Tiere. Der HPIT investiert in das Training des Pferdes und meldet es schlussendlich zum Trabrennen an. Die Investoren setzen in der Folge darauf, dass das Pferd möglichst viele Rennen gewinnen kann und die entsprechenden Prämien einsackt. Diese werden dann unter den Investoren aufgeteilt und als Dividende ausgeschüttet.

Hokus Pokus in beiden Systemen

Wer jetzt überlegt in den Markt für Pferderennen einzusteigen, weil dieser weniger anfällig für Hokus Pokus ist, der sei gewarnt. Leider haben sich längst auch Scharlatane unter die Horse Investors gemischt. Den gängigen Hokus Pokus bei Aktien haben wir schon öfter betrachtet und würdigen dessen ambitionierteste Vertreter regelmäßig mit dem „F*ck You der Woche„. Von Hellsehern, die in Chartbewegungen Signale entdecken, über Glaskugel-Enthusiasten bis hin zur Do-it-Yourself Aktienanalyse ist jeder Finanzfetisch vertreten.

Leider ist auch die ehrwürdige Welt des Pferdesports mittlerweile von Scharlatanen untergraben worden. Ein Paradebeispiel hierfür ist die angebliche Fachzeitschrift „Wendy„. Vorwiegend an junge Investoren gerichtet, analysiert die Wendy wöchentlich Rennpferde auf der ganzen Welt. Dabei betrachtet sie die Performance der letzten 12 Monate und erstellt fragwürdige Charts inklusive Candlesticks und allem was dazugehört. Dazu bietet sie ein Abo an, durch das ambitionierte Investoren in regelmäßigen Abständen über die aktuellen Marktentwicklungen informiert werden sollen. Wer es noch bequemer mag, kann auch gleich in den Wendy-Index WIX investieren. Vor solchen Verlockungen sei an dieser Stelle gewarnt. Die größten Scharlatane treffen sich übrigens jährlich auf der Equitana.

Auch Skandale überschatten in regelmäßigen Abständen beide Märkte. Ob Finanzkrise oder der Fall Enron: Die Börse wird in regelmäßigen Abständen erschüttert. Ehemalige Finanzriesen gehen unter oder müssen sich Fraud-Anschuldigungen stellen. Insiderhandel ist ein nicht zu beseitigender Parasit im System.

Ähnliche Machenschaften sind leider auch im Pferdesport zu beobachten. Durch Absprachen fingierte Rennen führten zu erhöhter Regulation im Markt. Auch soll die gezielte Manipulation mittels Dopings zunehmen. Ähnlich wie die Wirtschaftsprüfer, sind auch die Pferdeprüfer ob der Gerissenheit der Betrüger überfordert.

Einen Vorteil für Investoren gibt es jedoch beim Trabrennsport. Wenn ein Unternehmen untergeht, bleibt der Investor auf wertlosem Papier sitzen. Bricht sich ein Pferd dagegen ein Bein, so wird es vom Verwalter des HPIT persönlich zu Currywurst verarbeitet und unter den Anlegern verteilt. Das beseitigt auch effektiv den schlechten Nachgeschmack einer falschen Investitionsentscheidung.

Wie investieren?

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Welche Aktien man ab besten kaufen sollte, darüber scheiden sich die Geister. Verschiedene Anlagestrategien sind der Ausgangspunkt heftiger Diskussionen auf Finanzblogs. Stockpicking oder doch Index? Aktive Fonds oder ETFs? Ein gemeinsamer Nenner wird hier wohl nie gefunden werden.

Ein derzeitiger Trend ist allerdings das Value-Investment. Heerscharen an Privatanleger fühlen sich mittlerweile wohl, wenn sie sich selber „Value-Investoren“ nennen können. Schließlich macht der gute Warren das ja auch und der nagt nicht eben am Hungertuch. Also wird munter gevalued. Gefühlt hat dafür inzwischen jeder zweite Finanzblogger sein eigenes Analysesystem aufgebaut. In wilden Abhandlungen werden dabei Punkte vergeben und am Ende des Tages ist der perfekte Kandidat für’s Depot gefunden.

Dieser pseudowissenschaftliche Ansatz hat leider inzwischen auch den Pferdemarkt infiziert. Eine zunehmende Anzahl an Investoren folgt dabei dem Lerverfrau-Ansatz und entsprechender Fachliteratur. Auf Grundlage eines 15 Punktemodells wird versprochen jedes beliebige Pferd analysieren zu können. Dadurch lässt sich feststellen, ob der derzeitige Marktpreis angemessen ist oder man ein Schnäppchen machen kann. Zu den Kriterien gehören unter anderem Rasse, Muskelausprägung, Gewinnhistorie und Fellfarbe. Auch die Erfahrung des Jockeys wird in die Kalkulation mit einbezogen. Am Ende des Tages ist auch dies lediglich ein Mittel um den Kauf auf eine scheinbar rationale Grundlage zu stellen. Beruhigung der Nerven ist halt allen Investoren wichtig.

Der Tipp zum Abschluss

Der Wissenschaftler Fyo Mo Ney beobachtet den Markt dabei schon länger und gibt zum Abschluss auch noch einen wertvollen Rat an alle willigen Pferdeinvestoren. Derzeit seien insbesondere Venezuelanische Rennpferde extrem unterbewertet und das obwohl sie regelmäßig Spitzenwerte im Leverfrau-Ranking erreichen. Der Autor empfiehlt daher einen ETF auf Venezuelanische Pferde als Ergänzung mit ins Depot zu nehmen. Ambitionierte Investoren könnten diesen zusätzlich noch hebeln.

 

Cheers.

P.S.: Falls du ihn noch nicht gelesen hast, hier geht es zu meinem letzten Post zum Thema Eigenverantwortung.

10 Kommentare

  1. Bis zur Saisoneröffnung in Hoppegarten (April) hab ich alle Wendy-Ausgaben der letzten 3 Jahre gelesen (nötiges Wissen), meine ETFs verhökert (nötiges Cash) und bin bereit neue Wege zu gehen (entscheidendes Mindset).
    Ich kann es kaum abwarten!
    See you at the racetrack

    • Hi Vincect,
      Glückwunsch! Wie ich sehe bist du bereit für die finanzielle Freiheit!
      Lass uns im Hoppegarten auf ein Bierchen treffen. Bei der Überrendite, muss das auch mal drin sein 🙂

      Beste Grüße
      Pascal

      • Klaro! Das passive rumgeeier wurde mir zu langweilig. Endlich bringt hier mal einer Action in die Angelegenheit!
        Bier klingt nach nem angenehmen Nebeneffekt! Macht man ja wohl auch eher selten: Das jährliche Rebalancing bei der Pulle Bier?!?
        Hat quasi nur Vorteile das Ding mit den Hottehüs.

  2. Wenn die überwältigende Mehrheit „Shiny“ als Sieger erwartet, werden sich die Zocker unter uns schonmal auf dem Rohstoffmarkt Reis und Bohnen genauer ansehen…

    Der umsichtige Investor interessiert sich dann eher für Lufterfrischer und Stallentlüftungssysteme…

    Schöne Grüße
    Marco

    • Hey Marco,

      mmmh Stallentlüftungssysteme hören sich nach einem zukunftsfähigen Investment an. Da muss ich gleich mal etwas Recherche machen 😉

      Beste Grüße
      Pascal

  3. Sehr amüsanter und guter Artikel.
    Besonders hier musste ich wirklich lachen:
    „[…]die Tim S. Spezialdiät zu setzen. Das bedeutet nur noch Reis und Bohnen für das Tier[…]“

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