Oder besser gesagt: Zum Derivat-Händler. Denn ich handele nur mit einem einzigen Derivat. Und eigentlich ist handeln ein etwas zu prägnantes Wort. Denn derzeit halte ich nur eine Option und mache mit ihr erstmal: Nichts.
Wurde mir der langfristige Vermögensaufbau mit ETFs zu langweilig? Hat mir meine Spielzeugkiste mit Aktien nicht mehr genug Nervenkitzel bereitet? Wollte ich jetzt endlich in die Champions League der Trader aufsteigen? Hat mich Johannes mit seinem Ausflug in die Welt der CFDs letztlich doch dazu bewegt, etwas mehr Risiko einzugehen?
Und plötzlich halte ich eine Call Option
Ganz so einfach ist es nicht. Wie müssen dafür etwas weiter zurückgehen. Es war Anno Spät-Sommer 2016. Die Hitze wabberte durch das Büro. Ein klarer Gedanke war nicht mehr zu formulieren. Ich gedachte mich mit einem Blick auf die Börsendaten abzulenken. Charts und Candlesticks haben diese angenehm-kühlende Wirkung auf mich.
Dann diese Schock-Nachricht: „Deutsche Bank braucht Staatshilfen!“. Es schien schon wieder loszugehen. Finanzkrise 2.0. Meine armen ETFs. Ich winkte ihnen schon „Good-bye“, auf ein baldiges Wiedersehen im grünen Bereich, da kam mir ein hitzegeleiteter Gedanke: „Pascal, in deiner Spielzeugkiste ist kein einziger Finanztitel. Das ist die Chance!“.
Da war etwas dran. Meine Spielzeugkiste ist mit ein paar wenigen Einzeltiteln bestückt. In der Tat befand sich darunter kein einziges Unternehmen aus dem Finanzsektor.
Der Kurs der Deutschen Bank war mittlerweile auf ca. 12 Euro gefallen. Gefühlte Bodenlosigkeit. Ich dachte mir: „Ach komm, tiefer kann es ja nicht mehr gehen…“. Daraufhin drehten sich die Gebrüder Lehman im Familiengrab einmal um die Längsachse. Aber egal, ich kaufte mir zu 12,20 Euro ein paar Anteile.
Auf meinem Heimweg fährt mein Bus immer an einer Deutschen Bank Filiale vorbei. Zu der Zeit war das „D“ in der Leuchtbeschriftung ausgefallen. Bezeichnend. Und jedes mal, als ich an der Filiale vorbeifuhr, dachte ich mir: „Dieses D gehört jetzt faktisch mir.“ Ein kleiner Teil einer einst großen Bank mit noch größeren Ansprüchen. Und ich vom stolzen Inhaber eines Knax-Kontos bei der Berliner Sparkasse, bin bis zum Aktionär der Deutschen Bank aufgestiegen. Get Rich or Die Tryin‘ – Style. Vom Bordstein zur Skyline.
Naja, wenig später fiel der Kurs auf unter 10 Euro. Die Leuchtreklame wurde auch nicht repariert. Der Bordstein rückte wieder näher. Ich ärgerte mich über meinen Kauf. Ich wendete die Finanz-Chamäleon-Taktik an: „Kein Problem, ist mir egal, ich bin ja langfristig-orientierter Buy-an-Hold Anleger“.
Doch dann ein Zeichen: Das „D“ leuchtete wieder! Und kurze Zeit später, als sei es ein Leuchtfeuer gewesen, zog der Aktienkurs wieder ordentlich an. Irgendwann dachte ich im Vorbeifahren dann: „Mittlerweile gehören mir das D und das e.“ Was natürlich quatsch war, denn mir gehörte immer noch nur das „D“, doch dieses war jetzt mehr wert.
Die Deutsche Bank braucht mehr Geld
Wenn ich Geld brauche gehe ich zur Bank. Doch wohin geht eine Bank, wenn sie Geld braucht?
Scheinbar zu mir. Der Kreislauf des Lebens. The ciiiiiircle of life!
Die Deutsche Bank kündigte also eine Kapitalerhöhung an. Die darauffolgenden Kurskapriolen fand ich gar nicht mal so schlimm. Ich war eher begeistert: Meine erste Kapitalerhöhung!
So eine Kapitalerhöhung ist ja eine spannende Sache. Das Unternehmen möchte Geld gegen mehr Anteile tauschen. Das ist im ersten Moment für den Aktionär ein schlechter Handel. Denn faktisch sagt das Unternehmen ja: „Pass auf, du gibst mir Geld und behältst dafür denselben Anteil am Unternehmen wie vorher. Und wenn du nicht mitziehst, dann verwässern deine Anteile.“ Theoretisch jedoch ist die Kapitalerhöhung an sich ein neutraler Vorgang für den Aktionär. Dafür sorgen insbesondere die Bezugsrechte für Alt-Aktionäre. Ob die Kapitalerhöhung letztlich positiv oder negativ für den Aktionär ist, hängt also von der Einschätzung des Marktes hinsichtlich ihrer Bedeutung ab. Kann das frische Kapital Wachstum ermöglichen oder ist es ein Zeichen für Krise?
Der Ex-Tag macht mich zum Derivate-Händler
Endlich ist es soweit: Die Kapitalerhöhung beginnt. Die Bezugsrechte werden ausgegeben. Es ist Ex-Tag. Der Kurs fällt erstmal um 9%. Das wiederum täuscht natürlich zunächst, weil der Wert der Bezugsrechte von dem der Aktie getrennt wird.
Die Bezugsrechte haben nämlich einen eigenen Wert. Rechnerisch 1,89 Euro. Jeder Aktionär erhält für 2 Anteile 1 Bezugsrecht. Damit darf ich eine Deutsche Bank Aktie zum Preis von 11,65 Euro zahlen. Damit erhält das Bezugsrecht also einen gewissen Wert. Wenn ich das Bezugsrecht ausübe, bekomme ich zum 7. April neue Aktien. Die Differenz zwischen Ausübungspreis und Aktienkurs, stellt also den Wert meines Bezugsrechts dar. Und dieser ist am ersten Handelstag um 27% gestiegen. Es scheint also, als ob der Markt die Kapitalerhöhung zunächst positiv einschätzt.
Lieber Chri von easydividend bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liege. Doch meines Erachtens bin ich jetzt Derivat-Händler geworden, oder? Ein Derivat ist ein Vertrag, dessen Wert sich von einer marktbezogenen Referenzgröße ableitet. Das dürfte bei meinem Bezugsrecht der Fall sein. Sein Wert ist direkt abhängig vom Kurs der Deutschen Bank Aktie. Eine Aktie dürfte problemlos eine marktbezogene Referenzgröße darstellen.
Im Prinzip halte ich einen Call auf die Deutsche Bank. Strike Price liegt bei 11,65 Euro. Die Optionsprämie wäre in meinem Fall relativ hoch, schließlich ist meine Option von Beginn an „in-the-money“, also werthaltig.
Ob das nun finanzwissenschaftlich präzise ist, sei dahingestellt. Mein wahrgenommenes Swag-Level steigt enorm. Ich fühle mich, als wäre ich in eine andere Finanz-Liga aufgestiegen. Endlich Trader. Endlich Derivate-Händler.
Endlich Optionshändler – und nun?
Jetzt liegt das Formular meiner Depotbank vor mir und fragt mich, was ich machen möchte. Mache ich nichts, dann veräußert meine Bank meine Bezugsrechte und schreibt mir den Erlös gut. Ich frage mich, ob sie dafür Gebühren verlangt? Ich finde keine Antwort.
Soll ich ausüben? Hier gibt die Bank an, dass Gebühren anfallen können, sagt mir aber nicht in welcher Höhe. Ich vermute dieselben wie bei einer Online-Order. Wäre es mehr, würde es bei meinen paar Rechten ordentlich ins Gewicht fallen.
Die eigentliche Frage ist jedoch: Möchte ich mehr Deutsche Bank Aktien haben? Traue ich dem Institut ein ordentliches Kurssteigerungspotenzial zu? Wird es in 10 Jahren wieder zum Dividendenungetüm? Oder klopft es doch im Familien-Gewölbe der Lehmans an?
Naturgemäß befrage ich hierzu meine Glaskugel, da ich mir von Charttechnik und Fundamentalanalyse nicht viel verspreche. Erst kürzlich erwarb ich ein neues Modell aus dem Online-Shop von Mick Knauff. Leider war der Blick in die Zukunft etwas nebulös. Das Ding schien tatsächlich defekt zu sein. Ich rief beim Kundendienst an:
Fyoumoney: „Ja, guten Tag, ich habe ein Problem mit der Glaskugel aus ihrem Online-Shop“
MK-Kundendienst: „Oh, das tut mir Leid. Ist sie beim Transport beschädigt worden?“
FM: „Nein, nicht äußerlich jedenfalls. Allerdings kann ich kein klares Bild der Zukunft empfangen!“
MKD: „Ich verstehe nicht ganz…“
FM: „Liegt das vielleicht an der Abschaltung des DVB-T Netzes? Muss ich auf einen neuen Sendestandard umschalten?“
MKD: „Sie sprechen aber schon von unserer Deko-Kugel gläserne Johanna oder? Wat wollen se denn da sehen?“
FM: „Na die Zukunft! Am besten die der Deutschen Bank! So wie der Mick!“
MKD: „Ach der Mick, der macht schon lange nicht mehr mit die Börse. Das ist nur ne Deko-Kugel, junger Mann!“
FM: „DIE KUGEL IST NICHT VON HOCHFINANZ-ELBEN IN DEN EWIGEN FEUERN DER WALLLAVA HANDGEBLASEN WORDEN?!?!“
MKD: tututututut.
Da mir meine Glaskugel also nicht weiterhelfen mag: Was würdest du tun?
Cheers.
Ich muss erst mal mit einem großen Kompliment für deinen Blog anfangen. Es macht mir sehr viel Spaß, deine Artikel zu lesen und du bist ja wirklich fleißig am schreiben!
Jetzt zu deiner Frage. Ich persönlich halte wenig von Bankaktien im Allgemeinen und von der Deutschen Bank im Speziellen. Ich würde mich nicht als dumm bezeichnen, aber ich verstehe das Geschäftsmodell nicht. Für was steht die Deutsche Bank? Das ist für mich wichtig zu wissen, wenn ich in Einzelaktien investiere. Das ist aber meine persönliche Meinung.
Vielleicht hilft dir ja eine Analyse der Fundamentaldaten z.B. nach Levermann.
Die Entscheidung musst du leider selbst treffen. Das ist letztlich auch ein Grund, warum ich jetzt mehr in ETFs investiere. Mit Einzelaktien gibt es immer wieder was zu tun und Entscheidungen zu treffen, auch wenn man Buy-and-Hold macht. Dazu kommt die Unsicherheit, ob man auf das „richtige Pferd“ setzt. Aktuell ist mir dafür die Zeit zu schade. Kann aber gut sein, dass der „Spieltrieb“ irgendwann wieder siegt 😉
Viel Erfolg!
Hi Sabine,
Danke für den Kommentar und das Lob, freut mich sehr! Spannend finde ich das Thema von deinem Blog, auch wenn ich (noch) nicht zur Zielgruppe gehöre.
Ich halte von Einzelaktien im Allgemeinen nicht viel. Mein langfristiger Vermögensaufbau basiert fast ausschließlich auf ETFs. Aber der angesprochene Spieltrieb wird dann trotzdem manchmal durch den Kauf von Einzeltiteln befriedigt. Voraussetzung ist für mich dabei stets, dass dies nicht zu Lasten meiner Investitionsquote in ETFs geht. Den Kauf von Einzelaktien betrachte ich daher eher wie Konsum (auch wenn das natürlich übertrieben ist).
Bei der Auswahl von Einzeltiteln bin ich relativ wenig festgelegt. Finanzen, Pharma oder Dönerfleisch-Hersteller, ich kaufe was mein Bauchgefühl mir vorgibt. Ich glaube, dass der Markt langfristig relativ effizient ist und ich halte nicht viel von Chart- oder Fundamentalanalyse. Was ich nach Levermann herausfinden kann, weiß der Markt längst und hat es eingepreist.
Beste Grüße
Pascal
Hi, cool, wie du das Thema aufgearbeitet hast! Hatte so einen Fall schon öfter gesehen. Wenn du nichts machst, bekommst du am Ende einfach den verbleibenden Erlös für den Call gutgeschrieben. Das kostet auch nichts.
Wie sich das bei der Ausübung verhält, ist bei jeder Bank leider anders. Meistens fallen dafür die üblichen Transaktionsgebühren an.
Davon abgesehen finde ich es nur interessant, wie die Deutsche Bank hier neues Geld einsammelt. Ich glaube, das ist mittlerweile die dritte Kapitalerhöhung in 3 Jahren. Die letzte, an die ich mich erinnere, da war der Kurs bei 25 Euro…
Viel Erfolg mit der Aktie!
VG, Rico
Hi Rico,
danke für den Erfahrungsbericht! Da muss ich nochmal drüber schlafen…
Ja, das ist in der Tat bedenklich. Auch wenn die Rechtstreitigkeiten jetzt großteils beigelegt sein sollen, macht das alleine noch kein tragfähiges Zukunftskonzept. Es ist ein wenig wie die Fahrt im Nebel durch das Polarmeer. Auf das bloß nicht irgendwoher noch ein Eisberg kommt…
Beste Grüße
Pascal
Ach du grüne Neune. Ich habe in meinem letzten Beitrag auch das GIF verwendet, dass du hier als Titel-GIF verwendet hast. 🙂
Deutsche Bank? Du bist ja voll der Zocker. Da komme ich mir mit meiner „Catch Falling Knives“-Taktik richtig bieder vor. Du willst fallende Kurse sehen? Schau mal hier auf die Grafik von der Deutsche Rohstoff AG: http://weniger-schlecht-investieren.de/private-equity-im-wsi-depot/
Nach deinem Deutsche Bank Kauf sind wir ab heute die Gebrüder „Catch Falling Knives“! RESPECT!
Yolo
Hey Ferhat,
das ist ein klasse GIF, gehört mittlerweile seit längerem zu meinem Inventar und wird immer wieder gerne mal ausgegraben 🙂
Gebruder „Catch falling knives“ verleiht mir endlich den männlich-verruchten Charm, den ich bereits seit der Oberschule versuche aufzubauen! Bin froh, dass es endlich klappt. Die Frauenwelt wird ob dieser „Bad-Assety“ förmlich in Ohnmacht fallen!
Wie dem auch sei, stark gefallene Titel zu kaufen ist jetzt nicht meine ausgemachte Anlagestrategie. Es würde ja bedeuten, dass ich wüsste ob ein Kurseinbruch gerechtfertigt ist oder nicht. Ich kann es nicht. Aber man kann es aus Spaß mal versuchen. Meine Altersvorsorge würde ich nicht auf diese Karte setzen.
Beste Grüße
Pascal
Hey Pascal,
die Anspielung auf Lehman ist sehr gelungen ☺
Wie lange die Deutsche Bank Leuchtbeschriftung diesmal wohl die Umgebung illuminiert? Oder wird sie schneller als gedacht von rebellischen Insidern selbst ausgeschaltet?
Jetzt könnte man wieder langfristig auf die Charts sehen. Denn langfristig geht es ja immer aufwärts. Moment…das sieht ja sehr durchwachsen aus..naja.
So wie du bin ich aber auch kein Freund von Analysen und blabla und entscheide auch nach Bauchgefühl und Langfristigkeit (ok, gut. Manchmal auch nach berühmt berüchtigten Strategien)
Was würde ich tun? Keine Ahnung…lass‘ die Münze entscheiden ;D
Danke für den Link!
LG
Johannes
Moin Pascal,
neben Charts, Glaskugeln und Fundamentaldaten gibt es ja gerade im Bereich der Optionen noch die Mathematik! Du hast die Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit für dich arbeiten zu lassen! Limit ist dann zwar nicht „the Sky“, aber der berühmte Spatz in der Hand ist gerade an der Börse ja soviel wichtiger, als die olle Taube da oben 😉
Beste Grüße
Hi Axe,
genau, Optionsprämien basieren auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wobei eigentlich müsste man sagen sie basieren auf der Erwartungsrechnung. Denn für zukünftige Ereignisse lassen sich keine konkreten Wahrscheinlichkeiten festlegen, sondern eben nur Erwartungen bezüglich Wahrscheinlichkeiten. Die angesprochene Mathematik sorgt dann dafür, dass der Optionspreis stets „fair“ ist. Theoretisch kannst du durch Optionen daher dauerhaft (genau wie mit Aktien) keine Überrendite erzielen. Der Stillhalter bekommt für sein Risiko natürlich eine Prämie, die noch von anderen Marktdaten abhängig ist. Doch ob das risikoadjustiert sinnvoller ist, als ein ETF? Zumindest in der Finanzmarkttheorie nicht.
Beste Grüße
Pascal
PS Tauben kann ich eh nicht leiden. Aber woher bekomme ich nur sonen coolen Jagdfalken? 🙂
Ich weiß nicht warum mein letzter Kommentar nicht angenommen wurde. Konnte den Kommentar nicht absenden. Egal.
Ja, nun bist du ein richtiger Derivate-Händler. Wer weiß, vielleicht findest du ja genauso irgendwann Gefallen daran, wie wir Optionshändler es täglich tun 🙂
Ich hatte vor ein paar Tagen mehr zu dem Thema hier geschrieben, weiß aber nicht mehr was genau ^^
Danke für die Verlinkung meines Blogs!
mfG Chri