Tipps für die Auswahl des richtigen ETF’s
Im letzten Beitrag haben wir uns mit dem Thema ETFs beschäftigt. Wir wissen jetzt also, was die Vorteile dieser Anlageform sind und warum sie sich besonders eignet für die langfristige Geldanlage. Doch schon ein erster Blick auf das Angebot zeigt schnell: Es gibt mittlerweile sehr viele verschiedene ETFs – über 1.500.
Mit ETFs kann man mittlerweile in die Wertentwicklung unterschiedlichster Märkte, Regionen, Branchen oder Anlageklassen investieren. Wie bereits angesprochen, wollen wir uns auf Aktienindizes und Anleihen fokussieren. In diesem Beitrag wird es um ETFs auf Aktien als Fundament deines Portfolios gehen. Anleihen betrachten wir in einem separaten Post. Doch auch im Bereich der Index-ETFs stellen wir fest: Auf jeden Index gibt es eine Vielzahl an Fonds von mehreren Anbietern. Welcher ist nun der richtige? Wie viele brauche ich überhaupt?
Das eine Musterportfolio gibt es nicht
Es wäre doch so schön, wenn die Finanzwissenschaft festgestellt hätte, welches Portfolio heute und in der Zukunft die höchste Rendite abwirft, oder? Dann müssten wir dieses lediglich nachbauen und könnten uns bequem zurücklegen. Doch das ist leider nicht der Fall. Dein optimales Portfolio hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab:
- In welcher Anlagephase befindest du dich?
Wir haben festgestellt: Der Anlagehorizont ist entscheidend für die optimale Strategie. Die Frage, ob du von deinem Geld in fünf Jahren leben möchtest bzw. für eine größere Investition brauchst oder erwartest es die nächsten 20 Jahre nicht anzurühren, ist enorm wichtig. Grundsätzlich gilt: Je weiter dein Anlagehorizont, desto mehr kannst du ins Risiko gehen. Das wiederum spiegelt sich im Mix zwischen Aktien und Anleihen wieder. Meiner Meinung nach kann ein 25 jähriger ein Portfolio aus 100% Aktien-ETFs halten. Auch eine 90 (Aktien) /10 (Anleihen) Strategie halte ich hier für geeignet. Je kleiner der Anlagehorizont wird, desto mehr Gewicht sollte der Anleihe-Anteil bekommen.
Die Gewichtung ist Grundlage vieler, vieler Debatten. JL Collins würde mir wohl zuprosten, während beispielsweise die FAZ eine vorsichtigere Linie fährt: Hier scheint eine Anleihenquote von 30% bereits als „offensiv“ zu gelten. Letztendlich ist dies immer auch eine persönliche Entscheidung. Aber ich möchte dich ermutigen, kalkulierte Risiken einzugehen. Insbesondere, wenn du am Anfang deines Vermögensaufbaus stehst. - Welcher Risikotyp bist du?
Eine nächste Gewichtung wiederum muss innerhalb des Aktienteils deines Portfolios geschehen. Jeder hat wahrscheinlich Sprüche gehört wie „Leg deine Eier nicht alle in ein Nest“. Dies spricht die Streuung des Risikos an. Wir haben ja bereits erfahren, dass durch die Investition in einen Index-ETF eine breitere Streuung erfolgt, als wenn ich Aktien eines bestimmten Unternehmens erwerbe. Aber auch bei den Indizes gibt es Unterschiede: Der DAX beispielsweise umfasst die größten 30 deutschen, börsennotierten Unternehmen und bildet somit die Entwicklung der deutschen Wirtschaft recht gut ab. Ein Schritt weiter in Richtung Diversifikation wäre beispielsweise der EURO STOXX 50, der die 50 größten Unternehmen der Eurozone beinhaltet. Der S&P 500 enthält die 500 größten Unternehmen der USA.
Der am breitesten aufgestellte Index ist der MSCI World. Dieser stellt die Aktienentwicklung in 23 Industriestaaten dar und umfasst ca. 1.600 Unternehmen. Der MSCI World stellt somit die wirtschaftliche Entwicklung in entwickelten Staaten dar. Kleine Unternehmen und Schwellenländer sind nicht enthalten.
Wer mehr ins Risiko gehen möchte, mit der Hoffnung auf eine entsprechend höhere Rendite, der kann sich auch einen Index auf sog. „emerging markets“ anschauen. Der MSCI Emerging Markets beispielsweise beinhaltet Aktien aus Ländern wie China, Südkorea, Indien und Staaten aus Südamerika und Afrika.
Der Mix macht’s, oder?
Jetzt kannst du natürlich los rennen und alles mögliche kaufen: Einen ETF auf den DAX, den S&P 500 für die USA und den Nikkei, den wer weiß schon was die Japaner so alles vorhaben in der Zukunft?! Ach ja, die Entwicklungsländer haben ja auch ein riesiges Steigerungspotential, also hier auch noch was rein.
Das macht dein Portfolio aber nur unnötig komplex und ist am Ende auch noch teuer aufgrund von Transaktionskosten. Das beste jedoch ist: Es ist komplett unnötig.
Schauen wir uns beispielsweise den S&P 500 an. Auf den ersten Blick bildet er die Entwicklung der US-amerikanischen Wirtschaft wieder. Das klingt zunächst risikoreich, denn man weiß ja nie wie sich die US-Wirtschaft in der Zukunft entwickeln wird. Vielleicht verliert sie aufgrund von schlechten politischen Entscheidungen an Fahrt und dann geht es mit den Aktien bergab. Außerdem möchte ich doch auch an der rasanten Entwicklung in Schwellenländern profitieren.
Stimmt, aber das tätest du auch mit dem S&P 500. Du hältst zwar so keine chinesischen Aktien aber durch den globalisierten Handel beeinflusst die chinesische Wirtschaft auch die US-Aktien. Amerikanische Autohersteller beispielsweise sind schon längst in China und weiteren Schwellenländern aktiv und nicht selten kommt aus diesen Regionen das größte Wachstum. Das wiederum beeinflusst die Aktien des amerikanischen Autoherstellers. Genauso ist es mit den allermeisten Branchen.
Für den Anfang würde somit schon ein einziger ETF reichen: einer auf den MSCI World.
Warum? Wie oben erläutert, beinhaltet er 23 Industrienationen und ist somit regional breit gestreut. Gleichzeitig partizipieren wir durch den eben erläuterten Effekt auch an der Entwicklung in Schwellenländern. Der MSCI World wird durch US-amerikanische Aktien dominiert (über 50% der Titel kommen von dort), ein gutes Viertel der Titel stammt aus Europa und Japan stellt ca. 8%. Der MSCI World bildet somit ein gutes Fundament für den Aufbau unseres Fyou Moneys.
Spicing things up – Wer sich gleich von Anfang an breiter aufstellen möchte und die Renditepotentiale der Entwicklungsländer ausschöpfen möchte, der könnte einen Mix aus 70% MSCI World und 30% MSCI Emerging Markets bevorzugen. In der Zukunft werde ich auch noch weitere Strategien vorstellen, doch mit diesen beiden ETFs ist man erstmal sehr gut bedient. Ich würde sogar sagen, dass 90% der Sparer nicht mehr als diese beiden ETFs benötigen. In späteren Stadien vielleicht noch einen oder zwei Anleihe-ETFs aber dazu ein andermal.
Ok, aber welchen ETF kaufe ich denn jetzt konkret?
Selbst wenn du dich entschieden hast, erstmal Anteile an einem MSCI World ETF zu kaufen, ist der Entscheidungsprozess nicht abgeschlossen. Denn eine Vielzahl von Gesellschaften bieten einen solchen ETF an. Die großen „Player“ am Markt sind iShares, DB X-trackers, Lyxor, UBS ETF, Comstage und Amundi.
Jetzt könnte man ja eigentlich sagen, wenn ein ETF stur einen Index verfolgt, ist es doch eigentlich egal von wem ihn kaufe. Leider ist es nicht ganz so einfach. Gucke dich doch erstmal auf JustETF.com um und achte dabei auf folgende Aspekte:
- Die TER (Total Expense Ratio)
Diese Kennzahl sollte bei jeden ETF angegeben sein und ist enorm wichtig. Sie ist eine Gesamtkostenquote, die darüber Aufschluss gibt, welche Kosten jährlich für einen Fonds anfallen. Beinhalten tut dies Management- und Verwaltungsgebühren aber auch Marketingaufwendungen. Die TER liegt bei ETFs meist zwischen 0,1 und 0,9% und damit deutlich unter der von aktiven Fonds.
Jedoch kann der Begriff „Gesamtkostenquote“ auch irreführend sein, impliziert er doch, dass damit alle Kosten abgedeckt sind. Das stimmt allerdings nicht ganz. So sind Transaktionskosten und Steuern nicht enthalten und müssen beim Kauf berücksichtigt werden. - Der Tracking Error & die Tracking Differenz
ETFs wollen einen Index möglichst genau abbilden. Nicht immer schaffen sie das jedoch. Die relative Abweichung vom Index in Prozent wird als Tracking Error bezeichnet. Der Tracking Error stellt somit dar, wie „volatil“ der ETF einen Index nachbildet. Als Tracking Differenz wiederum wird die Standardabweichung dieser Differenzen bezeichnet. Sie wird immer für einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit berechnet. Die Kennzahl ist also vergangenheitsbezogen und stellt eine Schätzung für die zukünftige Entwicklung dar. Die Tracking Differenz ist so interessant, weil sie neben der TER auch alle weiteren Faktoren berücksichtigt, die die Rendite beeinflussen. So fließen auch variable Kosten wie Steuern und Gebühren ein. Aber auch variable Erträge aus Leihgeschäften des Fonds oder Swap-Transaktionen finden Berücksichtigung. - Replizierende vs. swappende ETFs
Ich möchte im Rahmen dieses Artikels nicht zu sehr ins Detail gehen. Das können wir gerne in einem gesonderten Post tun. Nur so viel: Es gibt zwei Arten von ETFs. Die erste Art nennt sich replizierend. Diese ETFs kaufen tatsächlich die Aktientitel aus dem abzubildenden Index entsprechend ihrer Gewichtung. Das jedoch geht mit hohen Transaktionskosten einher. Um diese zu senken, und so einen ETF überhaupt erst sinnvoll zu machen, bedienen sich ETFs Mitteln wie der Teilreplikation oder dem Verleihen von Aktien. Swap ETFs dagegen halten nicht unbedingt die Aktien des abzubildenden ETFs. Sie bilden die Performance des Indexes lediglich nach, indem sie mit einer Bank Tauschgeschäfte (Swaps) durchführen. Das ist meist kostengünstiger, als die tatsächlichen Titel zu kaufen. Außerdem können Swap-ETFs steuergünstiger sein, da sie sich nicht mit Dividenden herumschlagen müssen. Der Vorteil eines replizierenden ETFs hingegen ist, dass man „weiß was man hat“. Letztendlich ist auch dies teilweise Geschmackssache.
Hauptentscheidungsmerkmal sollte also die TER sein.
Was haben wir zusammenfassend heute gelernt?
- Die ETF-Auswahl ist komplex und hängt von der persönlichen Anlagestrategie sowie den Präferenzen des Anlegers ab.
- Einfach ist gut. Ein oder zwei ETFs können uns bereits unserem Fyou Money ein ganzes Stück näher bringen. Wir haben hier insbesondere den MSCI World und den MSCI Emerging Market kennengelernt.
- Sobald wir uns für einen Index entschieden haben, wählen wir den passenden ETF aus. Dabei orientieren wir uns maßgeblich an der Total Expense Ratio.
Soweit, so gut. In den nächsten Posts vertiefen wir die Thematik. Bis dahin freue ich mich über Kommentare und Anregungen!
Cheers.
Sehr interessanter Beitrag! Wie lautet deine Meinung zum Thema Währungsrisiko? Sollte man z.B. Den MSCI World ETF mit Währungsansicherung kaufen oder ohne?
„Der Tracking Error stellt somit dar, wie „volatil“ der ETF einen Index nachbildet. Als Tracking Differenz wiederum wird die Standardabweichung dieser Differenzen bezeichnet.“
Nicht ganz. Der Tracking Error ist die annualisierte Standardabweichung der täglichen Abweichung zwischen ETF-Performance und Indexperformance. Letztere ist die „tägliche Tracking Difference“. Was aber landläufig unter „Tracking Difference“ verstanden wird ist einfach die Abweichung zwischen ETF-Performance und Indexperformance in einem gegebenen vollen Jahr. Eine Übersicht über diese Daten findet man auf http://www.trackingdifferences.com.
Die TD sollte das Hauptkriterium für die ETF-Auswahl sein, nicht die TER!
Sehr interessant, ein Thema habe ich jedoch vermisst:
Was ist mit thesaurierenden gegenüber ausschüttenden Fonds? Soweit ich das mitgekriegt habe – ich bin noch beim Aufbau des Notgroschens und habe mich deshalb noch nicht sehr intensiv mit dem Investieren in ETFs befasst – sollen doch thesaurierende Fonds einfacher/günstiger in der Steuer sein. Wäre das nicht auch ein relevanter Faktor bei der Auswahl des günstigsten ETFs?
Okay, nach kurzer Recherche hat sich herausgestellt, dass ich komplett falsch unterwegs war: Thesaurierende Fonds waren bis vor Kurzem, insofern sie im Ausland aufgelegt waren, nicht einfacher, sondern schwieriger in der Steuer.
Das Ganze Thema mit „steuereinfachen“ / „steuerschwierigen“ Fonds hat sich aber, soweit ich das Überblicken kann im Zuge des Investmeinsteuerreformgesetz seit dem 01. Januar 2018 komplett erledigt, da seitdem alle Fonds ob inländisch oder ausländisch, thesaurierend oder ausschüttend gleich behandelt werden.
Trotzdem Danke für den Artikel – ohne die Lektüre hätte ich vermutlich noch ewig damit gewartet, mich vernünftig zu informieren!
Cheers, Robert