Liebe passionierte Chartanalysten, „Value-Investoren“ und Hobbyfinanzstrategen,
ich bringe schlechte Nachrichten. Eure Analysen mögen euch Spaß machen, sie mögen euch Selbstsicherheit beim Investieren geben und sicherlich sehen sie extrem schick aus. Diese Raketen und Unterstützungslinien, die ihr aufwendig und künstlerisch wertvoll in Langfristcharts bastelt sind zugegebenermaßen sexy. Wenn du mit Begriffen wie „SWOT-Analyse“ und „Dividendenrendite“ jonglierst, werden bei der Dorfschönheit bestimmt die Knie weich. Und wenn du mittels ausgefeilten Punktesystem eine Aktie bewertest und dadurch ein enormes Wachstumspotenzial erkennst, bist du der Held am Stammtisch. Überzeugt von deiner Weisheit wirst du vielleicht deine Analysen sogar über deinen Finanzblog mit dem Pöbel da draußen teilen. Wie edelmütig von dir.
Doch leider ist das alles mindestens verlorene Zeit und teilweise sogar grobe (Selbst)täuschung. Du machst dir etwas vor. Du willst Muster erkennen, wo es keine gibt. Du willst den Markt schlagen, weil deine Gier es dir nicht erlaubt demütig darauf zu warten, dass der Zinseszins seine Wunder vollbringt. Wenn du ehrlich zu dir selber wärst, wüsstest du, dass eigentlich nur wenig besser bist als diejenigen, die mit „System“ Lotto spielen.
„Wenn es keine Narren auf der Welt gäbe, was wäre die Welt? … und erst die Börse?“ – André Kostolany
Google oder Deutsche Bank kaufen? Vollkommen egal.
Wir haben uns bereits mehrfach über die Theorie der effizienten Märkte Gedanken gemacht. Es ist ein Konstrukt, das ebenso faszinierend wie theoretisch ist – und dennoch wichtige Implikationen für jeden Kleinanleger bereithält. Die finanzwissenschaftliche Theorie dahinter kennenzulernen, war einer der spannendsten Bereiche meines Studiums. Die Implikationen der Theorie der effizienten Märkte, lassen sich jedoch auch kurz, knapp und ohne umständliche Formeln darstellen.
Im Prinzip ist der Markt in dieser Theorie die Summe von unzähligen Investoren und sonstigen Marktakteuren. Alle sind von der Absicht getrieben, ihren eigenen monetären Nutzen zu maximieren. Niemand wird dem anderen Geschenke machen, es gibt keine Discounts und auch kein Mengenrabatt. Konzentrieren wir uns auf klassische Aktien (aber die Idee bleibt ebenso für alle anderen Finanzprodukte wahr), handeln all diese Akteure Anteile an Unternehmen. Der Preis dieser Anteile orientiert sich allein an Angebot und Nachfrage – Marktwirtschaft in Reinnatur. Wenn zwei unabhängige Parteien sich auf einen Preis einigen, so ist dies der Marktpreis. Denn wäre jemand bereit mehr zu zahlen, so würde der Aktienbesitzer an diesen Verkaufen. Wäre niemand bereit den geforderten Preis zu zahlen, so muss der Preis sinken.
Angebot und Nachfrage leiten sich allein von individuellen Erwartungen ab. Der Wert eines Unternehmens und damit der Aktienpreis, sind abhängig von dessen zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklung. Die Frage also, ob das Unternehmen in der Zukunft Gewinne erzielen kann, wachsen wird oder doch obsolet wird, stellt sich jeder Investor. Um das zu beantworten, sind eine unendliche Vielzahl an Faktoren relevant. Man kann sich an der vergangenen Entwicklung orientieren, Branchenwachstum analysieren, in Geschäftsberichten wühlen und einem Interview des CEOs lauschen. Aus all diesen Informationen bildet sich am Ende die Marktmeinung. Sie äußert sich im aktuellen Preis der Aktie.
Das Problem ist nur, dass eine Komponente nie Teil der Analyse sein kann: Die Zukunft. Man kann ihr bezüglich zwar Mutmaßungen anstellen, doch letztendlich bleibt sie stets ungewiss. Daher passt sich bei jeder neu verfügbaren Information, die Aufschluss über die Zukunft geben könnte, der Aktienkurs an. Dies spiegelt die angepassten Erwartungen der Marktteilnehmer wider.
„Ich les‘ nen Geschäftsbericht und schlag dann mal den Markt“
Die vielen Hobby-Aktienanalysen mögen optisch hübsch sein, inhaltlich sind sie wertlos. Zumindest, wenn man aus ihr eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung ableiten möchte. Die meisten Analysen basieren auf veröffentlichten Finanzzahlen und vergangenen Entwicklungen. Diese sind jedoch einerseits bei publik werden bereits veraltet und zweitens sofort eingepreist. Wenn also ein begabter Hobbyanalyst begeistert feststellt, dass das betrachtete Unternehmen in den letzten 5 Jahren rasant gewachsen ist, gemessen an Umsatz und Gewinn, so sagt dass nur aus, dass er oder sie lesen kann. Großartig, aber dass kann ein Grundschüler ebenfalls. Was nicht alle Grundschüler können, ist das ganze in einer funky Exceltabelle zu verpacken, farblich aufzuhübschen und 75 Punkte auf der selbsterfundenen Punkteskala zu vergeben. Denn für den Grundschüler ist das „Quatsch mit Soße“,
Kurzum, es ist zwar schön zu erkennen, dass das Unternehmen scheinbar prosperiert aber das wissen halt auch alle anderen. Jede öffentlich verfügbare Information ist in die Erwartungshaltung der Analysten eingeflossen und somit „eingepreist“.
Somit spiegelt der Preis jeder Aktie die derzeitige Erwartungshaltung des Marktes wider. Anders gesagt, der Preis für eine Aktie ist immer fair. Das gilt ebenso für gehypte Firmen wie Google und Amazon, mit scheinbar glänzender Zukunft, als auch für eine Deutsche Bank mit zeitweise fraglicher Zukunft. Was macht es also für ein Unterschied welches der beiden Unternehmen du kaufst?
Einige mögen sagen „Ohhh, aber die Deutsche Bank und all ihre Rechtsstreitigkeiten sind mir zu riskant!“. Mag sein, aber daher ist der Aktienkurs in den letzten Monaten ja auch stark gefallen und bildet dieses Risiko entsprechend ab.
„Alles nur trockene Theorie aus dem Elfenbeinturm“
Nein, die reale Welt und ebenso wenig die Börse, lassen sich durch Modelle perfekt darstellen. Genauso richtig ist, dass die Märkte in der Realität nicht immer effizient sind. Im Zuge der Beitragsreihe zur Behavioral Finance, haben wir einige dieser zu beobachtenden Ineffizienzen kennengelernt. Findige Banken versuchen aus diesen beispielsweise durch „Smart-Beta-ETFs“ Profit zu schlagen.
Dazu seien zwei Dinge gesagt: Erstens, bietet die Beobachtung von Mustern in der Vergangenheit keine Garantie für ihre Existenz in der Zukunft. Zu erwarten, mit solchen Produkten eine stetige Überrendite zu erwirtschaften, ist töricht. Zweitens, gibt es ja spannende Geschichten von schlauen Mathematikern, die in der Vergangenheit Ineffizienzen aufdeckten und dadurch extrem reich wurden. Wann immer jedoch eine solche Möglichkeit zum reich werden ohne entsprechendes Risiko besteht, wird sie schnell beseitigt, indem Arbitrageure sie ausnutzen und sich die Preise damit anpassen. Als Privatanleger darauf zu setzen, zeugt von dramatischer Selbstüberschätzung.
„Ich bin jetzt Dividendeninvestor, da ist mir die Kursentwicklung egal“
Mich beschleicht das Gefühl, dass der neuste Trend zu sein scheint, Aktien von Unternehmen zu erwerben, die in der Vergangenheit viel Dividende ausgeschüttet haben. Da liest man dann so Weisheiten wie „Dividendenaristokraten im Portfolio zu haben ist der erste Schritt zur Generierung von passiven Einkommen“. Oder „die Aktie gehört ins Depot, sie hat eine sehr gute Dividendenrendite“. Ja große Erkenntnis, Meister, da haste ja nen goldenen Fund gemacht. Du kaufst einfach diese Aktie und von heute an ist dir der Aktienkurs egal, solange die Dividende sich wie in der Vergangenheit entwickelt…
Das ist Schwachsinn, schließlich sind Erwartungen bezüglich der Dividende ebenfalls inkrementeller Bestandteil des Marktpreises. Sie sind im Preis der Aktie eingepreist und keine gratis Zugabe für besonders findige Privatanleger.
Also ab jetzt würfeln bei der Aktienwahl?
Im Prinzip ist es tatsächlich so, dass du jede Aktie wählen könntest und risikobereinigt die selbe Rendite erwarten kannst. Studien haben gezeigt, dass Aktienkurse sich nach einem Random Walk Modell bewegen. Kurzum, die Bewegungen sind nicht zu prognostizieren. Einige Anleger mögen es ein Jahr schaffen den Markt zu schlagen, viele sogar zwei oder drei. Doch auf lange Sicht ist das Schlagen des Market reine Glückssache. Nicht ohne Grund verlieren traditionelle Fonds an Popularität und Banken ziehen sich aus dem Eigenhandel zurück.
Wer ein paar mal richtig lag, bei dem mag sogar der Eindruck entstehen, er hätte ein „Händchen für den Markt“ oder man ist halt schlauer als der Pöbel da draußen. Das führt zu einer gefährlichen Selbstüberschätzung und auf lange Sicht meist zu schmerzhaften Verlusten. Viele dieser Hobbyanalysten sind ohnehin in die Spezies der Finanzchamäleons einzuordnen.
Im Prinzip kannst du diese Information nutzen, um gelassener in Aktien zu investieren. Vor allem kannst du dir die Zeit für das Lesen von Aktienanalysen sparen, mach stattdessen was wichtiges. Sport, mit dem Partner essen gehen, keine Ahnung. Im Prinzip könntest du auch interessensgerichtet, beispielsweise in erneuerbare Energien, investieren. Du kannst im Vergleich zu jeder anderen Einzelaktie jedenfalls nicht viel falsch machen.
Für den langfristigen Vermögensaufbau ist mir jedoch eine Risikostreuung durch Diversifizierung wichtig. Ich versuche daher gar nicht erst den Markt zu schlagen, sondern gebe mich mit der Marktrendite zufrieden. Ich investiere kontinuierlich und stur in Index ETFs. Dadurch kann mir Markettiming egal sein und ich spare Transaktionskosten.
Folgendes Buch sei nochmal allen ans Herz gelegt, die sich mit dem Sinn und Unsinn der Aktienanalyse und dem langfristigen Vermögensaufbau auseinandersetzen möchten:
Und wie hältst du es mit Aktienanalysen, Value Investing und Dividendenchamps? Über deine Meinung würde ich mich freuen!
Cheers.
Super Artikel, kann ich so unterschreiben! Nur hätte ich nicht die Lust tausende Mails von entrüsteten Lesern zu beantworten, die dann auf mich zuflattern würden :p
LG
Danke dir, Sebastian!
Und keine Sorge, bin ein großer Fan von Brieffreundschaften der besonderen Art 😉
Beste Grüße
Pascal
Es gibt zahlreiche Finanzmarktstudien, die den Verdacht erhärten, dass man den Markt sehr wahrscheinlich langfristig doch schlagen kann. Dass das kaum einem Fond gelingt, liegt meiner Meinung nach nicht daran, dass es wegen angeblich effizienter Märkte unmöglich wäre. Es ist vielmehr den Zwängen und Notwendigkeiten des Fondgeschäfts an sich geschuldet. Jede Strategie, die für sich in Anspruch nimmt, den Markt schlagen zu können, muss zwangsläufig Phasen haben, in denen sie nicht funktioniert. Das ist systemimmanent … eben weil der Markt dazu tendiert, Gelddruckmaschinen (temporär) zu beseitigen. In der Realität können sich die allermeisten Fondmanager längere Durststrecken aber nicht erlauben, ohne Gefahr zu laufen, dass massiv Gelder abgezogen werden. Im Fondgeschäft zählt eben nicht nur Rendite. Mindestens ebenso wichtig ist die Vermarktung. Wenn man nun unterstellt (und ich glaube dies ist gerechtfertigt), dass Banken und Fondgesellschaften gerne auf aktuelle Anlagetrends aufspringen, entsprechende Produkte entwickeln und damit Milliarden Euro an Kapital anziehen, dann ist das aus ihrer Sicht effizient, erzeugt im Gesamtmarkt aber Ineffizienzen.
Danke für deinen Beitrag!
Ich will gar nicht bestreiten, dass der Markt zu schlagen ist. Es ist aber eben langfristig äußerst unwahrscheinlich. Darüberhinaus ist es nicht systematisch möglich, auch das zeigen „zahlreiche Finanzmarktstudien“.
Insbesondere für Privatanleger scheint dies daher eine äußerst schlechte Wette zu seine. Und im Endeffekt wohl auch eine sehr teure. Selbst wenn es institutionellen Investoren möglich ist, Ineffizienzen dauerhaft auszunutzen, so steht dies dem Privatanleger nicht offen. Allein die Transaktionskosten würden seine Rendite auffressen.
Ob nun langfristig möglich oder nicht, eine simple homemade Aktienanalyse ist bestimmt nicht der Schlüssel. Und wenn es eine solch schlechte Wette ist, warum dann nicht gleich einfach zurücklehnen und die Marktrendite kassieren?
Beste Grüße
Pascal
Ein schöner Artikel.
Ich glaube neben dem von Dir genannten Grund, dass die Leute den Markt schlagen wollen kommt noch ein weiterer gewichtiger Grund dazu.
Das investieren in immer die selben ETFs ist total langweilig und Du kannst nicht viel darüber erzählen. Am Anfang legst Du Deine Strategie fest und behältst sie jahrzehntelang bei. Es wird nur Rebalancing jährlich betrieben, der Rest läuft automatisch. Du versuchst gar nicht den Markt zu schlagen und stellst keine wilden Analysen an.
Zudem kannst Du Dich mit einem Index nicht so gut identifizieren, wie mit einem einzelnen Unternehmen. Besonders wenn Du weltweit in über 1000 Unternehmen streust.
Bei einer Aktie von Mc Donalds, Coca Cola oder etwas ähnlichem kennst Du genau die Produkte und nutzt sie vielleicht auch noch selbst.
Schöne Grüße
Dominik
Hi Dominik,
danke für den interessanten Gedanken. Ich glaube, du sprichst da einen wichtigen Faktor an. Die Psychologie spielt da wie immer eine große Rolle. Einerseits sind da so simple Dinge wie Gier und Selbstüberschätzung. Aber, wie du bereits erwähnst, ist Vertrautheit auch wichtig. Dies führt jedoch häufig zu einem unwirtschaftlichen Bias. So ist Apple natürlich mehr sexy als ein Hersteller von innovativen Abwassersystemen. Das sagt aber nichts über deren Renditen aus.
Dazu kommt, glaube ich, ein recht deutsches Phänomen: Sein Geld zu vermehren, ohne aktiv dafür zu arbeiten wird gemeinhin als faul oder betrügerisch angesehen. Wenn ich mir aber vormache, durch mein ausgeklügeltes Analysesystem Rendite zu machen, fühle ich mich wohler. Ich habe es mir redlich verdient und kann damit vor meinen Kumpels prahlen.
Beste Grüße
Pascal
Hi Pascal,
Wiedermal ein toller Artikel von dir!
Ich bin auch ein „stinkfauler“ Investor, welcher mit dem Marktdurchschnitt zufrieden ist. Auch wenn ich gerne über den Tellerrand schaue und aktive Investoren verfolge. Den Mehraufwand an Zeit müsste meiner Meinung nach eine bessere Rendite rechtfertigen, jedoch denke ich nicht, dass dies so ist. Dabei gilt jedoch der Grundsatz: Ausnahmen bestätigen die Regel!
Liebe Grüße
Florian
Hi Florian,
absolut – es gibt einige Ausnahmen und diese werden gefeiert. Schillernde Investorenlegenden an der Wallstreet. Und jeder träumt doch insgeheim vom schnellen Geld an der Börse. Gerade diese Ausnahmen lassen einen dann denken: „Warum nicht ich? Ich könnte der nächste Warren sein!“.
Der Gedanke mit der Zeit ist ebenfalls richtig. Klar, kann so eine Analyse auch Spaß machen, letztendlich muss sich der zeitliche Mehraufwand aber auch durch eine höhere Rendite rechtfertigen lassen. Das ist langfristig äußerst unwahrscheinlich.
Beste Grüße
Pascal
Hi Pascal,
ein ziemlich mutiger Artikel in dem aber viel Wahrheit steckt. Stur in ETF`s zu investieren ist langweilig, bringt aber sehr wahrscheinlich auf lange Sicht die beste Rendite (auch ich kann nicht in die Zukunft schauen:) ) Ich nutze auch ETF`s zum Vermögensaufbau und bin damit sehr zufrieden. Aber weil es mir Spaß sehr viel Freude bereitet, investiere ich auch in einzelne Aktien und tauche dann ein wenig in der Analyse ab. Auf aufwendige Excelltabellen verzichte ich aber trotzdem, weil es mit zu zeitaufwendig ist. Ich versuche meinen gesunden Menschenverstand einzuschalten und das funktioniert bisher recht gut.
Gruß Klaus-Dieter
Hi Klaus-Dieter,
danke für deinen Kommentar. Den Spaßfaktor kann ich absolut nachvollziehen. Sich auf die Jagd nach dem nächsten Hoffnungsträger zu machen, erzeugt Nervenkitzel. Zahlenmenschen lieben die Kennzahlen und Künstler die Charttechnik. Wenn die eigenen Annahmen sich nach einiger Zeit als richtig erweisen und der Kurs der Aktie klettert, fühlt sich das super an. Ich habe auch ein paar Einzeltitel im Depot stehen. Doch die Grundlage für meinen langfristigen Vermögensaufbau bilden ETFs. Denn mit Fyou Money spielt man nicht 😉
Beste Grüße
Pascal
Auch ich investiere eigentlich stur in ETFs, weil das ja jetzt „in“ ist. Aber ich habe auch noch ein paar normale Aktien, einfach des Interesses wegen und zum „Spaß“ 🙂
Hey Gurki,
stimmt ETFs sind momentan schwer in Mode. Wobei ich davon ausgehe, dass auch in Zukunft die große Mehrheit der Deutschen lieber riestert, das Sparbuch füllt oder sich von der Sparkasse einen Fondssparplan aufschwatzen lässt. Dafür haben Banken bei vielen einfach immer noch ein zu starkes Expertenmonopol. Schade.
Bei mir sieht es ganz ähnlich aus, wie bei dir. Das Fundament meines Vermögensaufbaus, bilden ETFs. Zum spielen habe ich noch ein paar Aktien im Depot.
Beste Grüße
Pascal
Hey Pascal,
wie Keynes schon schrieb: „We simply don’t know“. In der Zukunft kann alles mögliche passieren, Wahrscheinlichkeiten sind gut, aber trotzdem unsicher.
Der Kauf von Dividendenaristokraten war zugegeben auch bei mir Anfangs ein großer Faktor. Gott sei Dank waren diese Aktien ausschließlich Bluechips und der Kauf war in dieser Hinsicht nicht ganz umsonst.
Wie ich über die Ansicht „den Markt mittels Analysen zu schlagen“ denke, weißt du ja. Wie gehst du bei einem „normalen“ langfristigen Kauf vor? Siehst du dir die wichtigsten Kennzahlen an?
Wenn ich Einzelaktien kaufe, orientiere ich mich momentan eben an den wichtigsten Kennzahlen, aber noch stärker an die Erwartungen. Du schreibst selbst, das sehr viel davon abhängt, wie über ein Unternehmen, einen Markt gedacht wird. Glaubst du, dass ein Kauf, rein basierend auf Erwartungen ein richtiger Weg ist?
LG
Johannes
Hi Johannes,
danke für deinen Kommentar und sorry für die späte Antwort! Mit Keynes zitierst du da ja einen Klassiker der VWL 🙂
Ich glaube, dass der Kauf von Dividendenaristokraten, wie du ihn getätigt hast, keineswegs falsch sein muss. Ich wollte nur unterstreichen, dass man durch eine pseudo-wissenschaftliche Aktienanalyse nicht herausfindet ob Bluechip A besser ist als Bluechip B. Genauso ist Bluechip A nicht „besser“ oder „schlechter“ als die Aktie eines kleineren, unbekannteren Unternehmens. Was man durch Kennzahlen bestimmt gut beleuchten kann, ist beispielsweise die Volatilität in der Vergangenheit. Bluechip A wird eine geringere Volatilität aufweisen als Noname A, aber eine Kurssteigerung von 1.000% wird bei Bluechip A halt deutlich unwahrscheinlicher sein, als bei Startup Noname A. An der Börse bestimmt Risiko zum großen Teil den Preis.
Zu deinen sehr guten Fragen: Ich vermute du meinst mit einem „normalen“ langfristigen Kauf den Kauf von Einzelaktien? Diesen betreibe ich im kleinen Maßstab. Die tragende Säule meines Vermögensaufbaus, sind ETFs. Diese bespare ich unabhängig von der Marktlage.
Der Kauf von Einzelaktien läuft bei mir unter Spielerei. Wie in meinem Artikel beschrieben, sind Aktie für mich zunächst immer fair bewertet. Der Preis ist das Ergebnis der Einzelerwartungen der Marktteilnehmer. Wenn ich irgendwo lese, eine Aktie sei „billig“, dann kann ich nur den Kopf schütteln.
Wann kaufe ich nun also Einzelaktien? Hier macht Gelegenheit zum Aktionär. Ich kaufe Aktien, wenn es gefühlt (!) zu einer Überreaktion am Markt kam und daher Aktien von namhaften Unternehmen stark gesunken sind. Das ist aber natürlich auch nur eine Art Gezocke mit Verweis auf mein Bauchgefühl. Schließlich kann ich nicht wissen, ob der Kurssturz nicht vielleicht doch gerechtfertigt war. Ein Beispiel: Im Zuge der Gerücht um Strafzahlungen in den USA sind die Aktien der Deutschen Bank extrem gefallen, auf Rekordtief. Das eigentliche operative Geschäft hingegen war nicht betroffen. Also habe ich bei ca. 12,20 mir Deutsche Bank Aktien gekauft. Eben auf dem Bauch Gefühl basierend, dass „das doch extreme Reaktionen waren“. Naja kurz danach sind die Kurse kurzweilig sogar unter 10€ gesunken. Erstmal blöd gelaufen. Mittlerweile sind sie erfreulicherweise wieder auf ca. 14-15€. Wer weiß, wo sie morgen stehen…
Also zusammenfassend: Nein, ich gucke mir keine Kennzahlen an. Ich kann durch Kennzahlen kein unterbewertetes Unternehmen identifizieren, weil diese Kennzahlen allen Marktteilnehmern vorliegen und damit eingepreist sind. Wenn es warum auch immer zu extremen Kursstürzen kommt, kann man sich vielleicht mal anschauen wie das operative Geschäft läuft. Sieht es hier gut aus, könnte es eine Überreaktion sein. Vielleicht aber eben auch nicht 😉
Von daher ja, verlass dich auch deine Erwartungen, wenn du ein wenig zocken willst und lass den Geschäftsbericht in der Schublade.
Beste Grüße
Pascal
Sehr interessante Ansichten schreibst du hier auf. Ich stimme dir zu, dass sich Kurse kurzfristig nicht prognostizieren lassen — langfristig aber durchaus. Die Kunst besteht nicht darin genaue Kursmarken zu erkenne, sondern zu erkennen, wann der Markt überreagiert. Wann es also die Schnäppchen zu holen gibt.
Ansonsten ignoriert deine These genau die Grundannahme für die Effizienz der Märkte: „Alle Informationen sind eingepreist.“ Wer preist sie denn ein, „wenn die Informationen egal sind“?
Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz. Entweder sind die Informationen eingepreist — und damit auch relevant für die zukünftige Entwicklung oder sie nicht nicht eingepreist.
Wenn man sich jetzt noch die Frage stellt, was „eingepreist“ bedeutet, dann wird es ganz kompliziert: Wie preist man denn „tolles Wachstum“ ein? Ein Anleger mag dafür 5 Euro Aufschlag gewähren während ein anderer nur 2 Euro gewährt. Wer hat nun recht?
Der Markt ist nicht „effizient“ sondern er bildet nur das Mittel alle Marktmeinungen ab. Einen Mittelwert mit Effizienz zu verwechseln halte ich für höchst fahrlässig.
Abgesehen davon gibt es nicht nur Kurse und Dividenden, um den Markt zu schlagen. Das führt aber jetzt zu weit 😉
VG, Rico
Hi Rico,
danke für die interessanten Ausführungen!
Keineswegs sind Informationen egal, im Gegenteil sie sind der Treibstoff der Börse. Mit „eingepreist“ beziehe ich mich vor allem auf die Geschwindigkeit, mit der am Markt Informationen verarbeitet werden. Kommt eine neue, wertrelevante, Information an die Öffentlichkeit, so ist sie quasi in „realtime“ im Kurs des betreffenden Unternehmens widergespiegelt. Da kommen wir dann natürlich zur Krux deines Beispiels: Woher weiß ich, ob der Auf- oder Abschlag gerechtfertigt ist? Das hängt von individuellen Erwartungen und Interpretationen ab. Die korrekte Antwort lässt sich dennoch nicht in Kennzahlen oder Graphen ablesen. Kombiniert mit vergangenheitsbezogenen Daten, können sie eine Indikation liefern, jedoch nie einen genauen Wert. Folglich, ist es richtig, dass der Markt das Mittel der Markterwartungen abbildet. Das macht ihn jedoch nicht weniger effizient. Schließlich ist die Zukunft unsicher und keine Information dieser Welt wird dir da die Offenbarung liefern. Und wenn doch ist es wieder egal, weil es dann alle anderen auch wissen.
Das bedeutet, wenn meine Erwartung ein Aufschlag von 5 Euro sind, das Mittel des Marktes aber bei 2 liegt, wird der Kurs um 2 Euro steigen. Dann kann ich kaufen und wenn ich am Ende Recht behalte, kann ich mich freuen. Doch kann ich das im Vorhinein wissen? Hier scheiden sich seit Generationen die Geister. Ich sage nein.
In deinem interessanten Artikel zu den 5 wichtigsten Panikzeichen, nennst du beispielsweise Indikatoren für eine überzogene Panik. Diese können hilfreich sein, doch die Tatsache, dass sie auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruhen macht sie anfällig.
Ich möchte nicht bezweifeln, dass man mit einem guten „Riecher“ den Markt einige Zeit lang schlagen kann. Ich glaube nur, dass es nicht systematisch anhand von Kennzahlen und Aktienanalysen möglich ist.
Das die Finanzwelt nicht nur aus Kursen und Dividenden besteht, ist mir bewusst. Die Welt der Anlageprodukte ist bunt. De facto gibt es sogar unendlich viele Finanzprodukte, denn jede Wette, die ein Akteur eingehen möchte, findet auf dem Markt einen fairen Preis. Du scheinst dich sehr gut mit derivativen Finanzprodukten auszukennen und ein solches Fachwissen verdient Respekt. Dennoch halte ich diese Produkte für den durchschnittlichen Kleinanleger, der sich langfristig Vermögen aufbaut für zu risikoreich und sogar im Endeffekt unnötig. Wie sehr man sich auskennen musst, zeigt dein Artikel von Mitte 2015.
Danke für deine Ausführungen!
Beste Grüße
Pascal
Hi Pascal, es ist halt wie überall: Man bekommt nichts geschenkt. Wer keine Zeit und Arbeit investieren will, wird auch an den Finanzmärkten nur den Abfall bekommen (in diesem Fall die Marktrendite). Ich glaube nicht, dass man Kurse (kurzfristig) vorhersagen kann. Was aber definitiv möglich ist, ist eine eigene Meinung zu haben. Gerade in Panik-Zeiten reagiert der Markt nämlich *nicht* effizient, weil da ganz andere Faktoren eine Rolle spielen (Fonds-Manager müssen ihre Jahresergebnisse retten, ETF-Fonds müssen Aktien auf den Markt schmeissen, weil die ETF-Käufer panisch ihre Anteile realisieren wollen, usw.) All das sorgt für systematische Ineffizienz. Wer da keine eigene Meinung hat, lässt sich von der Psychologie mitreißen.
Dein Ansatz hat einen Vorteil: Er blendet genau diese kursfristigen Faktoren aus und zwingt die Anleger dadurch indirekt zu ihrer eigenen Meinung. Die meisten verlieren aber dadurch Geld, weil sie die Marktrendite akzeptieren, wenn es hoch geht — wenn die Marktrendite aber negativ ist, überlegen sie sich das ganz schnell wieder anders 😉
VG, Rico
Hi Rico,
die Marktineffizienzen, die du ansprichst, sind ohne Zweifel an den Märkten zu beobachten. Ebenfalls finde ich deinen Ansatz gut, sich möglichst intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. Nur ein informierter Investor ist ein guter Investor und so weiter…
Leider bringt den meisten Privatanlegern das Wissen über diese Ineffizienzen reichlich wenig. Um aus ihnen nämlich eine Überrendite zu erwirtschaften, müssen sie die Anzeichen bspw. einer Überreaktion dauerhaft richtig erkennen und beurteilen können. Das ist für sie aber nicht verlässlich möglich. Gäbe es hier ein einfaches System, so würde es wiederum so schnell und intensiv ausgenutzt werden, dass sich die Möglichkeit schnell schließt und die Ineffizienz beseitigt ist.
Ich bezweifle nicht, dass man durch intensives Studium der Märkte über einen gewissen Zeitraum Überrenditen erwirtschaften kann. Sehr wohl bezweifel ich, dass dies für Kleinanleger der richtige Weg für den langfristigen Vermögensaufbau ist. Wer sich mit dem „Abfall“ Marktrendite zufrieden gibt, kontinuierlich investiert und nicht verkauft, lässt den Zinseszins sein Ding machen und wird dafür langfristig belohnt.
Beste Grüße
Pascal
Sehr schön auf den Punkt gebracht, lieber Pascal!
Am besten gefällt mir noch immer der Affe, der Dartpfeile auf die Kurstabelle des Wall Street Journals wirft, um Aktien auszuwählen. Auch diese Methode wird wohl a la longue nicht erfolgreicher sein, als über passive Fonds in einen Index zu investieren.
Siehe dazu auch folgenden, jüngst erschienenen Artikel: https://meinefinanziellefreiheit.com/2016/11/24/aktive-passive-fonds/
Viele Grüße,
FF
Hi Lukas,
der Affe von der Wallstreet ist eine wunderbare Geschichte, die ebenfalls den Sinn und Unsinn von Stockpicking zeigt 🙂
Beste Grüße
Pascal