Investitionsentscheidungen trotz unvollkommener Informationen sinnvoll treffen

Entscheidungen treffen – eine der größten Freuden und Bürden als Investor und Unternehmer

Wir haben uns in anderen Artikeln vielfach damit beschäftigt, wie man am sinnvollsten Entscheidungen trifft. In welche Aktie sollte ich investieren? Welche Anlagestrategie ist die beste für meine Situation und wie allokiere ich mein Vermögen am effizientesten? Vielfach bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es bei der Geldanlage angesichts des massiven Unsicherheitsfaktors „Zukunft“ am besten ist, möglichst wenige Entscheidungen zu treffen, bzw. treffen zu müssen. Stichwort ist hier der Ansatz des passiven Investieren.

Ursächlich war zum einen die Erkenntnis, dass die Zukunft nicht vorhersehbar ist. Der Versuch es zu tun (durch aktives Investieren beispielsweise), misslingt, empirisch nachweisbar, in den allermeisten Fällen. Zum anderen habe ich mich mit größter Begeisterung mit dem Thema der kognitiven Verzerrungen (hierzu sind die Bücher von Kahneman sehr empfehlenswert) beschäftigt. Diese spielen bei Investitionsentscheidungen eine große Rolle. Zum Teil sicherlich auch nicht zu Unrecht. Schließlich werden Märkte auch durch irrationales Verhalten getrieben. Die Theorie der perfekten, rationalen und effizienten Märkte ist ein schönes akademisches Modell. Es ist in seinem Aufbau so elegant und vielversprechend, dass sich viele Ökonomen gerne darin verlieren. In der Realität glaube ich, erleben wir viele Abweichungen von dieser Regel.

Woran ich jedoch nicht glaube, ist dass man diese Unregelmäßigkeiten systematisch ausnutzen und somit eine Überrendite erzielen kann. Ich gebe mich mit der Marktrendite zufrieden. Mit dem Faktor Zeit multipliziert, reicht das auch vollkommen aus. Jegliche Form der Aktienanalyse, sei sie chart- oder fundamentaldaten basiert, ist lediglich der Versuch eine Entscheidungsfindung zu systematisieren, rationalisieren und verifizieren, die bestenfalls unnötig und schlimmstenfalls der Rendite abträglich ist.

Wann ist es dennoch sinnvoll Methoden für die Entscheidungsfindung zu verwenden?

Entscheidungen sind nicht nur in meiner Rolle als Privatanleger an der Tagesordnung. In einer Welt mit begrenzten Ressourcen (vor allem Zeit und Geld), unvollkommenen Informationen und mannigfaltigen Alternativen müssen ständig Entscheidungen getroffen werden. Gerade, wenn diese mitunter großen Einfluss auf meine Zukunft haben, verwende ich gerne kleine „Entscheidungsmodelle“ um Unsicherheiten abzuwägen und verschiedene Alternativen zu bewerten. Das kann von der simplen Pro und Contra Liste bis hin zu umfangreichen Excelmappen mit Berechnungen reichen. Mein Ziel ist es, die darauffolgende Entscheidung mit gutem Gewissen treffen zu können. Dazu zählt für mich, alle Handlungsalternativen in Erwägung zu ziehen und die inhärente Ungewissheit klar zu benennen und abzuwägen.

Komplizierter noch gestaltet sich die Sache, wenn man Entscheidungen Dritten begründen muss, beziehungsweise Handlungsalternativen als Entscheidungsgrundlage systematisch zusammentragen muss. Viele dürften dies aus dem Berufsalltag kennen. Getroffene Entscheidungen müssen hier regelmäßig vor dem Chef, den Anteilseignern oder dem Aufsichtsrat begründet und gerechtfertigt werden. Mit einer Entscheidung aus dem „Bauch heraus“ wird man hier nicht weit kommen. Systematische Entscheidungsmodelle können hier Abhilfe schaffen.

Ich finde den Bereich der (Investitions-)entscheidungen trotz unvollkommener Informationen sehr spannend. Daher hatte ich überlegt, eine kleine Serie zu dem Thema zu starten. Heute schon mal ein kleiner Überblick zu den existierenden Methoden.

Klassische Methoden

Standardmäßig wird in der Investitionsrechnung zwischen statischen und quantitativen Verfahren unterschieden. Während erstere durch ihre leichte Handhabung bestechen, können letztere mit der Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls der Zahlungen überzeugen.
Zu den statischen Verfahren zählen Kostenvergleichsrechnung, Gewinnvergleichsrechnung, Rentabilitätsvergleichsrechnung und statische Amortisationsrechnung. Dynamische Verfahren sind beispielsweise die Kapitalwertmethode, Annuitätenmethode, Interne Zinsfussmethode und die dynamische Amortisationsrechnung.

Qualitative und exotische Methoden

Um spezielle Aspekte und qualitative Elemente der Investitionsalternativen betrachten zu können, empfiehlt es sich, zusätzliche Verfahren in Erwägung zu ziehen. Gerade bei qualitativen Methoden besteht jedoch das Problem, dass die Bewertung subjektive Einschätzungen mit einbezieht, was die spätere Entscheidungsbegründung erschwert. Folgende Instrumente werden gerne angewendet: Scoring Methode bzw. Nutzwertanalyse, Entscheidungsmatrix, Entscheidungsbaum, PMI – Plus Minus Interesting.

Entscheidung unter Unsicherheit

Alle genannten Methoden eint die Tatsache, dass sie mit Daten bzw. Informationen gefüttert werden müssen. Ändern sich dann in der Folge die Marktbedingungen oder andere Risiken kommen zum Tragen, stellt sich mitunter die ursprüngliche Entscheidung im Nachhinein als suboptimal heraus. Deshalb muss die Ungewissheit über zukünftige Entwicklungen von Anfang an bewertet werden. Für eine tiefere Auseinandersetzung mit der Materie eignet sich übrigens das Buch „Investitions- und Finanzierungsrechnung für mittelständische Unternehmen“. Drei Formen von Unsicherheit lassen sich definieren:
1. unklare Eintrittswahrscheinlichkeit von Szenarien (Ungewissheit)
2. Wahrscheinlichkeitsintervalle der Szenarien sind bekannt (Risiko)
3. Eintrittswahrscheinlichkeiten sind bekannt

Unsicherheit richtig „einpreisen“

Nachfolgende Möglichkeiten bestehen, das Ungewissheitsproblem zu systematisieren und in der Entscheidungssystematik abzubilden:
1. Die Maximin-Regel
Auswahl der Alternative, die im Worst-Case-Szenario das höchste Ergebnis erzielt. Maximiert wird somit das Ergebnis bei Eintritt des negativsten Falles. Wendet man diese Regel beispielsweise auf die Entscheidungsmatrix an, welche die Alternativen anhand der Zielgröße und des Umweltzustandes bewertet, muss die Investition mit dem höchsten Zeilenminimum gewählt werden.
2. Die Maximax-Regel
Investiert wird in die Alternative, die den höchsten Erfolg bei Eintritt des positivsten Umweltzustandes erbringt.
3. Die Laplace-Regel
Allen Umweltzuständen wird dieselbe Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet. Durch Multiplikation mit dem dazugehörigen Erfolgswert (z.B. der Gewinn) und Aufsummierung der Einzelergebnisse erhält man den Erwartungswert der jeweiligen Alternativen. Ausgewählt werden muss nun die Investitionsmöglichkeit mit dem höchsten Erwartungswert.
4. Sensitivitätsanalyse
Hierbei wird der Kapitalwert bzw. die zugehörige Gleichung =0 gesetzt. Anschließend können kritische Ergebnisse (beispielsweise die minimal notwendige Absatzmenge) ermittelt und verglichen werden. Diese Methode eignet sich, um den Einfluss verschiedener Stellgrößen auf das erwartete Ergebnis bewerten zu können.

Es lässt sich zunächst zusammenfassen: „Vorhersagen sind schwierig – besonders dann, wenn sie die Zukunft betreffen.“ Gleichwohl gibt es die hier vorgestellten Möglichkeiten, der Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen zu begegnen.

Wenn das Thema auf Interesse stößt, würde ich gerne in künftigen Beiträgen einzelne Methoden näher beleuchten.

Cheers.

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