Vergangenes Wochenende habe ich ein Buch beendet, das ich mir zugegebenermaßen vor allem gekauft habe, weil es mir der Titel angetan hatte. Es trägt den Titel „The Happiness of Pursuit“ und ist damit ein Wortspiel von the pursuit of happiness. Das „Streben nach Glück“ ist nicht nur der Titel eines empfehlenswerten Will Smith Films, sondern entscheidender Teil der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Zu den unveräußerlichen Rechten eines jeden Menschen gehören demnach „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“.
„The crowning fortune of a man is to be born to some pursuit which finds him employment and happiness, whether it be to make baskets, or broadswords, or canals, or statues, or songs.“ – Ralph Emerson
Das Glück nach etwas zu Streben
Wie gesagt, der Titel hat mich so sehr überzeugt, dass ich das Buch von Chris Guillebeau sofort kaufte. Die Idee, dass das Glück des Strebens wichtiger ist, als das Streben nach Glück gefiel mir. Denn oftmals empfinde ich sehr ähnlich. Wenn ich auf etwas hinarbeite, das mich begeistert, genieße ich jeden Schritt des Prozesses. Es kommt häufig gar nicht so sehr auf das Ziel, sondern vielmehr auf den Weg an. Die Freude nach etwas zu Streben, das einen begeistert, ist der größte Motivator überhaupt. Darüberhinaus scheint es Quelle für echte Zufriedenheit und Glück zu sein. Erinnere dich daran, als du zuletzt jemanden begegnet bist, der genau das tat was er in dem Augenblick wollte. Diese Tätigkeit muss für andere nicht immer Sinn machen. Es gibt Menschen, die Streben danach auf Berge zu klettern, andere Sammeln Puppen und wieder dritte sind auf der Suche nach dem besten Vanilla Latte der Welt. Keine dieser Dinge interessiert mich sonderlich, doch wenn ich einem Menschen begegne, der seiner Passion nachgeht, dann ist da dieses Funkeln in den Augen. Die Frage, ob diese Person glücklich ist, erübrigt sich.
Ich kannte einen alten Mann, der Telefonkarten sammelte (für die ganz jungen Leser: Damit konnte man damals in Telefonzellen bezahlen. Prä-Handy Zeitalter und so). Wenn er mir seine Sammlung zeigte, so sprach er mit einer riesigen Begeisterung in seiner Stimme. Fein säuberlich archivierte er seine Schätze und stolz präsentierte er mir Telefonkarten aus der ganzen Welt. Stunden verbrachte er mit der Archivierung und der Suche nach neuen Karten für seine Sammlung. Er sprach mit anderen Sammlern und verbrachte Tage auf Flohmärkten und mit der Suche nach neuen Fundstücken. Am liebsten hätte er wohl alle Telefonkarten dieser Welt archiviert. Doch war das wirklich sein Ziel? Hätte es sein Leben komplett gemacht, wenn er alle Telefonkarten der Welt besessen hätte?
Ich glaube nicht. Das Sammeln und Archivieren der Karten war die eigentliche Passion. Eine Leidenschaft, die die meisten Menschen wohl belächeln würden, doch ihn erfüllte. Eine Begeisterung schwang in seiner Stimme mit, die man nicht vortäuschen kann. Und vermutlich war das Streben nach den Raritäten der Telekommunikationsbranche für ihn das größte Glück.
Und was kann man mehr wollen, als seine Passion zu finden und dann möglichst viel Zeit darauf verwenden dieser nachzugehen?
Das Buch „The Happiness of Pursuit“
Da ich das Buch eigentlich nur ob seines Titels erwarb, hatte ich keine Erwartungen daran. Es stellte sich aber als sehr interessantes und lehrreiches Werk heraus. Der Autor Chris Guillebeau ist wahrscheinlich bekannter für sein Buch „Das 100$ Start-up“, das ein New York Times Bestseller geworden ist. In „The Happiness of Pursuit“ spricht Guillebeau von Menschen, die ihr Leben dem Streben nach etwas bestimmten gewidmet haben. Er spricht dabei von „Quests“. Ich denke man kann es als Herausforderungen oder einfach Passionen übersetzen. Die Menschen könnte unterschiedlicher nicht sein. Eine Frau möchte möglichst viele unterschiedliche Vögelarten sehen und reist dafür um die ganze Welt. Ein anderer wiederum hat sich zur Aufgabe gemacht, 250 Marathons in einem Jahr zu laufen. Der Autor selber bereiste jedes Land der Erde als seine persönliche Herausforderung.
Viele dieser „Quests“ machen nur für diese Menschen selber Sinn. Doch alle verfolgen sie mit größter Leidenschaft und Hingabe. Für einige ist das Ziel die Motivation (250 Marathons), andere genießen den Prozess (Das Reisen zu den Vögeln dieser Welt).
Chris Guillebeau beschreibt zwischen den Fallbeispielen den Zusammenhang zwischen einer Herausforderung, dem Streben nach ihrer Erfüllung und persönlichem Glück. Für ihn ist der Weg zum Glück gleichbedeutend mit dem Finden einer persönlichen Herausforderung, beziehungsweise einer Passion und deren Auslebung. Wer nach etwas Strebt, das ihn begeistert, der wird Glück auf dem Weg finden.
Das Buch ist ein kurzweiliges Vergnügen, trotz seiner 280 Seiten. Mir gefällt die zugrunde liegende Theorie und Guillebeaus Ausführungen dazu sehr gut. Ich kann dem Konzept persönlich auch viel abgewinnen. Die Fallbeispiele sind sehr interessant und vielfältig, könnten für meinen Geschmack an einigen Stellen aber auch etwas kürzer ausfallen.
Wie passt das Glück nach etwas zu Streben mit der finanziellen Freiheit zusammen?
Meine Finanzen in die eigenen Hände zu nehmen und mir mein Fyou Money aufzubauen, begeistert mich. Doch kann man beim Vermögensaufbau wirklich vom Glück durch Streben sprechen? Schließlich kann der Weg hier doch nicht das Ziel sein oder? Das Ziel ist schließlich mehr oder minder klar umrissen: Finanzielle Freiheit bzw. ein stattliches Fyou Money. Streben alleine bringt noch keine Rendite.
Dazu zwei Gedanken:
- Auch der Weg zum Fyou Money ist wertvoll. Sicherlich haben Investitionen ein klares Ziel: Ich will mein Geld vermehren. Ich verzichte heute auf Konsum um morgen finanziell unabhängiger zu sein. Doch der Weg dahin ist ebenfalls lehrreich. Sich mit Finanzen zu beschäftigen, kann Spaß machen. Vor allem gibt es einem aber das Gefühl, seine Geschicke endlich selber in die Hand zu nehmen. Es schafft Selbstvertrauen und Zuversicht. Wer seine Finanzen im Griff hat, wird auch das Gefühl haben sein Leben ein stückweit besser zu kontrollieren.
Dazu kommt, dass Werte wie Sparen und langfristiges Anlegen auch in anderen Bereichen des Lebens hilfreich sind. Sie schaffen so das Verständnis, dass ich manchmal heute auf etwas verzichten muss, um morgen mehr zu haben. Außerdem stellt man schnell fest: ich kann auch mit weniger Konsum sehr gut leben. - Das Streben nach finanzieller Unabhängigkeit ist nicht das ultimative Ziel. Was passiert, wenn ich ein Vermögen aufgebaut habe, das mich finanziell frei macht? Fortan kann ich von Dividenden und Zinsen leben und muss nie wieder arbeiten. Macht mich das dann sofort glücklich? Zaubert mir der Blick ins Depot auch in der dunkelsten Nacht ein Lächeln auf die Lippen?
Wohl kaum. Die finanzielle Freiheit kann nur ein Etappenziel sein. Oder ein Werkzeug. Es macht das Verfolgen echter Passionen einfacher und gibt mir den notwendigen Freiraum, nach meinem persönlichen Glück zu streben. Finanziell unabhängig zu sein, macht ohne Passionen wenig Sinn. Wenn ich keine Leidenschaft für irgendwas habe, kann ich auch gleich weiter im Hamsterrad rennen. Was bringt mir dann mein Freiraum?
Ich finde es daher wichtig, finanzielle Ziele stetig zu verfolgen, dabei jedoch nicht aus dem Auge zu verlieren was wirklich wichtig ist.
Cheers.
Deinen letzten Satz (und eigentlich auch den ganzen Artikel) kann ich so total unterschreiben. Der Weg ist das eigentlich Ziel und ob man dabei das „Endziel“ erreicht gar nicht so wichtig.
Das Finanzthema, die einzelnen Erfolgserlebnisse, das Lernen von neuen Dingen und auch der tolle Austausch durch den eigenen Blog sind die Dinge, die für mich meinen Weg zur finanziellen Freiheit ausmachen. Wenn ich sie irgendwann erreiche (wovon ich fest ausgehe), habe ich jetzt schon so viele neue Ziele im Hinterkopf. Ziele im Leben zu haben ist ohnehin das Allerwichtigste, um zufrieden und glücklich sein zu können – so zumindest meine Ansicht.
Wenn ich endlich mein nächstes Etappenziel (Masterarbeitsabgabe Ende November) erreicht habe, werde ich mich endlich wieder mit dem Lesen beschäftigen können – The Happiness of Pursuit steht nun in jedem Fall auf meiner Leseliste. Danke für den Tipp!
LG
Marielle
Hi Marielle,
danken für deinen Kommentar!
Da kann ich nur zustimmen. Schritt für Schritt in die richtige Richtung und bei jedem Schritt kann man etwas lernen.
Und auch die Etappenziele sollte man feiern. In diesem Sinne viel Erfolg mit der Masterarbeit. Ich habe das glücklicherweise letztes Jahr hinter mich gebracht.
Beste Grüße
Pascal
Ich kann dir auch nur zustimmen.
Der Weg zur Finanziellen Freiheit an sich ist schon begeisternd, da ich hierdurch viele Sachen lerne, mich mit Persönlichkeitsentwicklung und glücklich sein auseinandersetze und gleichzeitig immer vermögender und freier werde.
In diesem einen Jahr (seit dem ich mit Finanzen auseinandersetze) habe ich bereits so viel gelernt und ich glaube, dass es nächstes Jahr noch viel mehr sein wird.
Bei allen Menschen ist es natürlich etwas anderes, doch ich glaube, dass es niemals das Endziel sein kann. Wenn das Endziel erreicht ist, gibt es nichts mehr was wir erreichen können und das macht unglücklich. Wir brauchen Ziele und etwas wonach wir streben können.
Schöne Grüße
Dominik
Hi Dominik,
absolut richtig, ich finde es wichtig immer Projekte und Ziele zu haben. Wenn man aufhört nach etwas zu streben, hört man auf als Person zu wachsen. Ob man das erstrebenswerte Ziele am Ende dann zu 100% erreicht, ist manchmal schon zweitrangig.
Beste Grüße
Pascal
Hi Pascal,
den Film von Willie Smith hatte ich mir doch tatsächlich mal angeschaut, als er irgendwann im Fernsehen kam. Einer der wenigen Filme die ich dieses Jahr schaute. Der Titel hatte mich neugierig gemacht.
Und dann kam die große Enttäuschung. So wie Glück in dem Film interpretiert wird, kann man es ganz leicht erreichen. Ich bitte einfach jemanden mir jeden Morgen ohne Ankündigung eine Backpfeife um die Ohren zu hauen. So richtig feste. Mit diesem Gefühl der Angst gehe ich jeden Morgen zur Arbeit. Und dann, irgendwann, hört dieser Mensch einfach auf. Das ist wahres Glück!! So ungefähr ging der Film. Dann lief im Abspann irgendwo mit, dass der gute Willie (oder wie auch immer er im Film hieß) schrecklich reich wurde. Dann muss er ja auch glücklich sein…
Das war dann eher die Hollywood interpretation von Glück.
Ich stimme da eher Deiner Definition oben zu (FIRE nur ein Teilstück auf dem Weg zum Glück).
VG, Nico
Hi Nico,
besten Dank für deinen Kommentar!
Der Film als Gesamtpaket wird sicherlich auch nicht in meine private Hall-of-Fame aufgenommen werden. Doch einzelne Szenen fand ich sehr gut gemacht und bewegend.
Sicherlich ist die Interpretation von Glück hier fragwürdig. Doch ich glaube sie zeigt auch, wie individuell Glück ist. Wenn du jeden Tag darum kämpfen musst deinen Sohn zu ernähren, beruflich null Perspektive und kein regelmäßiges Einkommen hast und dazu dann noch in den USA Fragen der Chancengleichheit zwischen schwarz und weiß kommen, ist deine Erwartung ans Glück wahrscheinlich eine andere als für dich und mich. Da kann ein normaler Job, der einem das Auskommen sichert, schon viel bedeuten.
Es zeigt aber auch, dass der Glücksbegriff wahrscheinlich nicht fix ist. Vielmehr wird er sich im Laufe des Lebens verändern. Gemäß Maslow’s Pyramide, konzentriert der Mensch sich ja immer auf die jeweils nächste „Befriedigungs-Stufe“. Ist sie erreicht, kommt dann das nächste Ziel. Das Erreichte wird schnell zur Selbstverständlichkeit.
Der Vermögensaufbau ist so ähnlich. Viele träumen von der finanziellen Freiheit. Doch werden sie wirklich komplett glücklich sein, sobald sie dort ankommen? Vermutlich nicht. Insbesondere diejenigen, die nie gelernt haben den Weg zu genießen, werden kein Glück am vermeintlichen Ziel verspüren. Stattdessen wird das Ziel einfach höher gesetzt. Statt einfach finanziell frei zu sein, soll es gleich die Jacht sein. So wird dann ewig gehetzt und nie genossen.
Beste Grüße
Pascal