Was sind deine „Billion Dollar Moments“?

Der Weg zur finanziellen Freiheit ist lang

Die finanzielle Freiheit ist ein erstrebenswertes Ziel. Nicht umsonst handeln unzählige Blogs und Bücher von ihr. Das Ziel klingt klingt verlockend: Keine finanziellen Sorgen mehr, Zeit für die eigenen Interessen und Arbeit nur wenn es Spaß macht. Auch für mich ist die finanzielle Freiheit ein Ziel. Fyou Money auf Level 3 zu besitzen, davon verspreche ich mir einiges: Gelassenheit, einen doppelten Boden für gewagtere Experimente und jede Menge Freiraum. Kurzum: Das Leben aus einer „Fuck You Position“ heraus genießen. Yep, I fucking love money.

Doch der Weg in die finanzielle Freiheit ist weit. Bis man aus eigener Kraft (ohne Geld von Mami und Papi) ein Depot aufgebaut hat, welches dann irgendwann Momentum aufbaut, der Zinseszins-Effekt so richtig zur Geltung kommt und man schlussendlich einen Betrag angesammelt hat, der den Mittelfinger hochschnellen lässt, können ein paar Jahrzehnte vergehen. Das ist ein elendig langer Zeitraum.

In der heutigen Zeit ist das eigene Leben über solch einen Zeitraum kaum planbar (ok, dafür wandert ein Euro ins Phrasenschwein…). Ohne Entbehrungen wird sich das Ziel nicht erreichen lassen. Für die meisten Menschen ist die finanzielle Freiheit oder überhaupt der Vermögensaufbau daher zu abstrakt. Unser Urinstinkt mag keine finanzielle Freiheit in zwanzig Jahren, sondern Belohnung jetzt. Sofort. Die Industrie mag es auch nicht, wenn du auf heutigen Konsum verzichtet. Und wenn man sich die Steuerpolitik in Deutschland so anschaut, dann scheint nicht mal Vater Staat an dem privaten Vermögensaufbau seiner lieben Bürger sonderlich interessiert zu sein. Was motiviert einige Wenige also, sich dennoch auf den Weg zu machen?

Das habe ich vor einigen Monaten versucht mit einer Blogparade herauszufinden. Persönlich war diese ein großer Erfolg. Die verschiedenen Beweggründe und Ansätze von anderen Bloggern und Lesern waren faszinierend und gaben mir wichtige Anregungen mit auf den Weg. In meinem eigenen Beitrag schildere ich meine Motive. Grundtenor: Der Weg ist das Ziel. Das stimmt für mich auch immer noch. Der Weg zur finanziellen Freiheit gibt mir bereits enorm viel. Sicherheit und Gelassenheit steigen schon vor dem Überqueren der Ziellinie. Die Beschäftigung mit Finanzen macht mir Spaß. Auf Twitter über Bitcoin und Dividenden-Aktien zu diskutieren, ist ein amüsanter Zeitvertreib. Sollte ich mich auch nie in die volle finanzielle Freiheit verabschieden, so glaube ich dennoch nicht, den Weg je bereuen zu werden.

Frust kommt auf

Doch bei aller Heiterkeit, kommt manchmal auch Frust auf. Es geht oft gefühlt nicht so recht vorwärts. Das Depot scheint still zu stehen. Beim monatlichen Gehaltszettel scheint der Arbeitgeber eine Null zu vergessen. Besonders wenn man sich viel mit Vermögensaufbau beschäftigt, kommt man schnell in Kreise, die einen das Gefühl geben: „Hier sind alle deutlich reicher als du und du kannst dich auch noch so anstrengen, auf das Level kommst du nie!“. Das ist manchmal desillusionierend. Zweifel kommen auf.

„Sollte ich nicht schon viel weiter sein?“ – diese Frage stellt sich mir häufig automatisch, wenn ich bei dem werten Kollegen Tim S. Leserbriefe von Mitzwanzigern lese, die Depots im mittleren sechsstelligen Bereich haben und sich gerade fragen, ob sie sich eine weitere Immobilie oder doch ein Start Up kaufen sollen. Solche Vergleiche bringen selbstverständlich nichts, die Hintergründe lassen sich nicht einfach so übereinander legen. Doch diese Gedanken lassen sich dennoch nie gänzlich verdrängen. Es ist dann weniger Neid, als viel mehr Selbstkritik. Nach dem Motto: Guck, mein Jung, da solltest du jetzt auch sein. Bist du aber nicht. Und wirst du auch nicht so schnell. Also warum das Ganze?

Ich rufe mich dann immer zur Gelassenheit auf. Getreu dem Motto „This is a long-term game. The more time you give it, the lower the odds of disappointment.“ (von Motley Fool). Die Sache brauch Zeit. Zeit ist beim Vermögensaufbau ohnehin der wichtigste Faktor. Versucht man ihn auszutricksen, gerät man schnell ins Zocken (*ähem* Bitcoin *ähem*).

Meine Billion Dollar Moments

Ein Konzept, dass mir dabei hilft die Sache mit dem Vermögensaufbau gelassen anzugehen, nenne ich meine „Billion Dollar Moments“. Sie sollen mich daran erinnern, dass mein Leben auf dem Weg in die finanzielle Freiheit bereits so unglaublich gut ist, dass das Überqueren der Ziellinie es nicht wesentlich verbessern würde. Beziehungsweise, dass ich mir die Zeit nehmen kann, weil die besten Momente in meinem Leben nicht besser werden würden, hätte ich unglaublich viel Geld auf dem Konto.

Der Grundgedanke dahinter lautet, ein riesiges Vermögen würde mir mehr Freiräume, Sicherheit und Gelassenheit geben aber es würde die besten Momente in meinem Leben nicht besser machen.

Und wenn man das erstmal verstanden hat, wozu dann unnötige Anspannung und Verbissenheit? Die Einen scheinen auf den oben dargestellten Konflikt mit Extremen wie Minimalismus zu reagieren, Andere geraten ins kopflose Zocken. Ich meine ein Weg der Gelassenheit und Zufriedenheit ist der bessere.



Meine Billion Dollar Moments definiere ich wie folgt. Billion Dollar Moments sind für mich ausgesprochen positive Momente, die ein fiktiver Mann mit einer Milliarde Euro auf dem Konto nicht mehr zu genießen vermag, als ich. Wenn ich also etwas tue, was mich glücklich macht, frage ich mich gerne: „Wie könnte der Billion Dollar Man diesen Moment mit Hilfe seines Vermögens noch besser machen?“, In vielen Fällen lautet die Antwort: „Er könnte es nicht. Haha, fuck you Billion Dollar Man, you got nothing on me. NOTHING!“. Ok, der letzte Teil entspringt meiner überschwänglichen Euphorie und muss nicht zwingend übernommen werden. Der Billion Dollar Man ist nämlich an sich ein recht umgänglicher Typ…

Beispiele für meine persönlichen Billion Dollar Moments

billion dollar moment

– Das erste Mal kam mir der Gedanke: „Woah, das ist ein Billion Dollar Moment!“ morgens auf dem Sportplatz. Im Sommer laufe ich gerne morgens in aller Früh vor der Arbeit zum Sportplatz. Ich habe nicht viel dabei außer mein Springseil. Der Sportplatz in der Nähe ist nett gelegen, ruhig und von Bäumen umgeben. Nach 10-15 Minuten im angenehmen Lauftempo bin ich dort. Und dann: herrlich friedliche Stille. Um die Uhrzeit ist kein Mensch dort. Die direkte Nachbarschaft ist auch eher von älteren Menschen geprägt. Die Tartanbahn und das, durch sie umrundete, Fussballfeld liegen still dort und gehören für diesen Moment komplett mir. Die Sonne scheint. Also T-Shirt aus, die Sonne auf den Leib scheinen lassen und das Work Out beginnt. Jeweils 200 Seilsprünge und 20 Liegestützvariationen. Davon jeweils fünf Durchgänge. Ich nenne es meine „1000-100 Challenge“. Danach lege ich mich noch kurz auf den Rasen des Fussballfeldes. In meinen Gedanken: „Reiner Billion Dollar Moment. Wie sollte der Billion Dollar Man, der mir immer im Nacken ist, diesen Moment mehr genießen können?“. No chance…

– Das sonntägliche Telefonat mit meinem Großvater. Oder auch der Besuch auf Kaffee und Kuchen. Das Telefonat, meistens ungefähr eine Stunde, lässt einen runterkommen, ist etwas Vertrautes macht einfach Spaß. Ein tolles Ritual. Könnte der Billion Dollar Man diesen Moment als besser empfinden? Nein. Also ein klarer Billion Dollar Moment.

– Mit der Freundin zu Abend essen. Irgendwas Selbstgekochtes, dazu über die Belanglosigkeiten des Lebens quatschen. Großartig! Durch den Billion Dollar Man zu verbessern? Naja er könnte seine Freundin jeden Abend ins 5-Sterne Restaurant ausführen. Würde das für mich persönlich diese Momente besser machen? Nein, das würde es nicht. Also: Billion Dollar Moment.

– Nach der Arbeit mit einer schönen Tasse Tee und einem Buch im Wohnzimmer sitzen. Ganz in Ruhe lesen. Durch eine Billion Dollar zu verbessern? Kaum! Fazit: Ein Billion Dollar Moment.

Und so so so viele mehr. Wenn man meine Lieblingsmomente als Venn-Diagramm betrachten würde, so wären fast alle in einer Schnittmenge mit Billion Dollar Moments. Einige wenige Dinge werden davon nicht abgedeckt. Klar, der Billion Dollar Man hat mehr Zeit und Geld um ausgiebig zu reisen. Das würde ich auch gerne. Dabei dann keinen Gedanken ans Geld verschwenden. Aber brauche ich das wirklich zum Glücklichsein sein? Reisen tue ich auch jetzt schon viel. Nein, es ist keine notwendige Bedingung zum Glück.

Und wenn man sich dies durch das bewusste Herausstellen von Billion Dollar Moments klar macht, dann schafft man es auch die notwendige Ruhe und Gelassenheit für den langen Weg in die finanzielle Freiheit aufzubringen.

Nun aber zu dir: Was sind deine persönlichen Billion Dollar Moments? #BillionDollarMoment

8 Kommentare

  1. Wenn mich abends an meinen Freund kuschel, ist die Welt in Ordnung. Ergänze noch Kopfkraulen und ich vergesse alle Sorgen.

    Weiteres Highlight ist eine Wiese mit Sonnenblumen auf meinem Arbeitsweg. In den warmen Monaten wird mir da immer wieder bewusst, wie toll die Welt ist. Was ich auch empfehlen kann: Unter der Woche um 10 Uhr unterwegs sein. Ich wohne mitten in Stadt. Stau, lange Warteschlangen bei Post und Supermarkt.. aber wenn ich mir mal frei nehme (wichtig: keine Feiertage oder Schulferien), dann ist die Stadt morgens leer wie nach einer Apokalypse. Sehr angenehme Ruhe.

  2. Es ist interessant, dass Du diese Momente definierst, ob diese als Milliardär schöner denkbar sind. Ich stelle sie einmal anders, welche könntest Du schöner erleben? Vermutlich auch keinen, ein paar gehen eben nicht besser.

    Außerdem denk doch mal viel größer: Der Sportplatz gehört Dir und Du kannst jederzeit alleine dabei sein. Du könntest mit Deinem Opa per Video telefonieren und damit es Dein Opa auch schafft ihm jemanden an die Seite stelle, der ihm hilft, Deinen Anruf auf dem metergroßen Fernseher anzunehmen. Oder den Tee trinken wann immer Du willst, weil Du nicht von der Arbeit kommst.

    Lange Rede, ich arbeite lieber daran, die Momente oder Erlebnisse zu haben, die es wert sind. Einen Milliardär werde ich nicht schlagen, aber vielleicht mit einem mehrfachen Millionär gleich ziehen? Hart arbeiten, Geldanlage lernen und warten, irgendwann fängt der Spaß an, bei mir nach rund 20 Jahren…

    Grüße, Alex

    • Mmh, ich verstehe durchaus deinen Ansatz, Alex, aber genau darum geht es hierbei nicht. Du sagst: „ein paar gehen eben nicht besser“. Genau! Meine Lieblingsmomente gehen nicht besser, auch nicht mit einer beliebigen Summe Geld. Warum sich also zu sehr unter Druck setzen durch die Illusion, dass mit dem Reichtum alles besser wird?!

      Ich stimme dir zu: Hart arbeiten, Geldanlage lernen und warten. Da bin ich voll bei dir, so mache ich es auch. Doch bei mir fängt der Spaß bereits während des Wartens an. Nicht erst nach rund 20 Jahren.

      Beste Grüße

  3. Großartiger Artikel mal wieder, danke.

    Ich habe vor ungefähr einem halben Jahr angefangen, ein bullet journal zu führen. To do’s kann ich allerdings besser mit einer App planen und auch andere Dinge die man sonst so mit einem bullet journal anstellt sind eher weniger mein Fall. Und so ist aus meinem bullet journal recht schnell „mein goldenes Notizbuch“ geworden, in dem ich dies und das notiere, unter anderem für jeden Monat „schöne Momente – Dankbarkeit“.

    Vermutlich sind die meisten der Dinge die ich in der Rubrik „schöne Momente“ notiere, sind „Billion Dollar“ Momente. Eine kleine Auswahl:

    – Wenn ich mich über meine „Patenkinder“ freue und schöne Momente mit ihnen erlebe. Davon gibt es wirklich viele, und es ist eher die Ausnahme dass wir dafür auch nur einen Euro Geld ausgeben. Es ist schön zu sehen wie die beiden sich entwickeln, wieviel Vertrauen zwischen uns ist, und wie wenig es braucht um Spaß zu haben und sich zu freuen.

    – Die vielen schönen Momente mit meinem Freund. (Da wüsste ich gar nicht wo anfangen und wo aufhören wenn ich das noch genauer beschreiben sollte)

    – Als ich mal abends nach der Arbeit nach Hause kam und es zweistimmig aus dem Untergeschoss sang – neugierig ging ich herunter und entdeckte zwei-drei meiner Mitbewohnerinnen beim Singstar (ich hatte keine Ahnung dass es so was gibt und wir das haben). Wurde ein schöner Abend. Überhaupt gib es viele schöne Momente mit meinen Mitbewohnern, wenn wir uns gegenseitig unterstützen; was schönes kochen und alle an der langen Tafel essen; zusammen lachen…

    – Yoga: wenn ich es mal wieder ins Studio geschafft habe um die eineinhalb Stunden zu machen. Oder wenn ich eine Position zum ersten Mal hinbekomme. Oder meine Fortschritte sehe, von „oh shit, wie soll das denn bitteschön gehen?/oh man ist das anstrengend!“ zu „ja, ich schaffe die [schwierige Yoga-Position]!“/“das war ja jetzt ein bisschen softie, ich baue da mal noch ein paar Chaturangas oder seitliche Planken ein“

    – Klassische Musik: habe ich vor wenigen Wochen für mich entdeckt. OK, der ‚billion dollar man‘ könnte sich die Star-Pianisten und -Orchester der Welt live anhören, in den tollsten Konzertsälen rund um den Globus. Ich höre sie mir eben auf Youtube an oder höre mir live die potenziellen Stars von morgen an, Musikhochschüler zum Beispiel.

    Und so weiter. Seit ich diese schönen Momente notiere, genieße ich sie noch etwas mehr und bewusster als früher.

    • Hi Julia,

      so ein „goldenes Notizbuch“ klingt nach einer tollen Seite. Ich denke, wenn man Dinge, für die man Dankbar ist, aufschreibt verinnerlicht man sie noch besser.
      Danke auch für’s Teilen deiner ganz persönlichen Billion Dollar Moments!

  4. Ein wirklich toller Artikel! Ich merke auch immer wieder, dass es die kleinen Dinge im Leben sind, die das Leben besonders lebenswert machen. Und Beziehungen. Die schönsten Erinnerungen haben bei mir meist etwas mit anderen Personen zu tun. Ein Grund, weshalb ich die finanzielle Freiheit anstrebe ist eben der, mehr Zeit mit Freunden und Familie verbringen zu können.
    Wenn man erst einmal Personen verloren hat, die einem wichtig waren, dann bereut man es oft, wenn man keine Zeit für diese hatte.

    Deine Artikel sind haben immer eine schöne Prise Humor und nebenbei auch noch einen wirklichen Mehrwert! Vielen Dank dafür!

  5. Hi Pascal,

    wie andere schon vor mir erwähnt haben: ein toller Artikel. Man müsste auch noch schreiben: notwendiger Artikel. Das Phänomen der Selbstkritik kennen wir alle. Dieser doofe Selbstzweifel. Ich habe Menschen beobachtet, die sind quasi an dem Erfolg anderer psychisch zerbrochen und kurz in einen depressiven Zustand verfallen. Es ist manchmal wichtig, dass man Vergleiche anstellt, aber nur, um herauszufinden wo man steht und nicht um sich selbst anschließend zu bestrafen. Das ist schwierig, aber kann meiner Meinung nach emotional trainiert werden.

    Deine „Billion Dollar Moments“ sind ein schönes Konzept. Ich glaube, wir müssen uns dabei auch immer klar sein, dass es uns besser als Millionen von anderen Menschen geht. „First World Problems“ kommt mir da sofort in den Sinn. Natürlich wird dann auch vieles relativ. Hart arbeiten? Nein, Spaß an der Arbeit haben, dann kommt das „hart“ von alleine (Dabei geht es allerdings nicht darum, jeden Tag immer fröhlich singend am Arbeitsplatz aufzuschlagen. Das wäre wahrscheinlich unerreichbar, illusorisch und daher emotional tödlich).

    LG
    Johannes

  6. Finanziellen Freiheit. Ich stimme dir voll zu. Es geht gar nicht direkt um Geld.
    Jeder der dem Geld hinterher jagt, bleibt davon abhängig.
    Dazu ein wie ich finde sehr schönes Zitat von Steve Jobs:
    „Ich bin nicht daran interessiert der reichste Mensch auf dem Friedhof zu sein. Abends schlafen zu gehen und sagen zu können, dass man etwas Wunderbares geleistet hat, das ist mir wichtig.“

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