Film-Tipp: The Big Short. Die Finanzkrise als Tragikomödie

the big short

Das Wetter in Berlin schien sich am vergangenen Wochenende so langsam auf den bevorstehenden Herbst vorzubereiten. Was passt da besser als ein unterhaltsamer Film aus Hollywoods Traumfabrik? Nur das diesmal die Wahl auf einen Film fiel, dessen Geschichte leider nicht auf einem bösen Traum basiert. In „The Big Short“ wird die Finanzkrise von 2007 aufgearbeitet. Basieren tut der Film auf dem Buch von Michael Lewis. Schafft es der Film ein Ereignis, das Millionen Jobs und Milliarden an Vermögenswerten vernichtete in eine Komödie zu transformieren?

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„Truth is like poetry. And most people fucking hate poetry.“ – Unbekannt (The Big Short)

Der Film bietet eine hochkarätige Starbesetzung: Christian Bale spielt einen Fondsmanager, dem das Menschliche schwer fällt, der aber genial mit Zahlen ist. Steve Carell ist ein zynisch-kolerischer Banker bei Morgan Stanley, der eine Rechnung mit dem System offen hat. Ryan Gosling (Achtung kreischende Frauen im Kino) mimt einen arroganten Mitarbeiter der Deutschen Bank. Brad Pitt ist ein ehemaliger Star-Investor, der sich mittlerweile auf das Züchten von Gemüse fokussiert aber sein Comeback feiert um zwei jungen Investoren zu helfen.

Alle diese Investoren haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind Außenseiter und sie haben die Immobilienblase vor allen anderen erkannt…und daran sehr gut verdient.

„No one can see a bubble. That’s what makes it a bubble“.

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New York City 2005. Die Wallstreet ist in Party-Stimmung. Die Wirtschaft boomt, die Geschäfte laufen gut, das Geld strömt in die Taschen der Banker. Und alle scheinen zu profitieren: Mehr und mehr Amerikaner können sich ein Eigenheim leisten. Sie leben den American Dream. Und das obwohl viele von ihnen mit geringen Einkommen auskommen müssen. Immobilienkredite machen es möglich.

Währenddessen fallen den Finanzjongleuren immer neue Finanzinstrumente ein, um Immobilien-Hypotheken zu verkaufen. Sie basteln Pakete, in denen sie tausende Immobilienkredite zusammenfassen und als Bündel verkaufen. Fast alle diese Pakete bekommen großartige Bewertungen von den Ratingagenturen. Immobilien-Kredite gelten als sicher. Im Film fällt das Zitat „Who doesn’t pay back their mortgage?“

Im Jahr 2006 beginnt sich der Fondsmanager Michael Burry mit dem Immobilienmarkt auseinanderzusetzen und erkennt schnell: Immer mehr Hausbesitzer können ihre Kredite nicht bedienen. Viele dieser Immobilienkredite sind faktisch Ramschware, die in Paketen (CDOs) mit anderen Immobilienkrediten gemixt werden, um scheinbar ein gutes Rating zu erhalten. Burry ist vom bevorstehenden Crash des US-Immobilienmarktes überzeugt und möchte mit dieser Erkenntnis Geld verdienen. Ist ja schließlich sein Job. Also beschließt er sich gegen den Markt zu wetten. Da niemand auf die Idee käme gegen den Immobilienmarkt zu wetten, gibt es allerdings noch keine Finanzinstrument für sein Vorhaben. Die Investmentbanken, die Burry für sein Vorhaben auslachen und sich über leicht verdientes Geld freuen, entwickeln für ihn sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Burry verdient also Geld, wenn Immobilienkredite wertlos werden, weil die Hausbesitzer sie nicht mehr bedienen können.

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Die selbe Wette gehen die anderen Investoren in Starbesetzung ein. Ihnen allen schlägt heftiger Gegenwind ins Gesicht. Eine Wette gegen scheinbar sichere Immobilienkredite erscheint den meisten schlichtweg als dumm und lächerlich. Die Anleger in Michael Burrys Fonds wollen ihr Geld abziehen, die Chefs von Steve Carell drängen ihn zum Verkauf seiner Positionen.

Und zunächst scheint der Markt Recht zu haben. Micheal Burrys Fonds rutscht tief ins Minus. Die Ausfallraten von Immobilienkrediten steigen zwar wie vorhergesagt stetig, doch die Bewertung der CDOs sinkt nicht. Die Ratingagenturen vergeben weiterhin Top-Noten und die ewige Party scheint nicht enden zu wollen. Die Investoren-Underdogs verstehen die Welt nicht mehr.

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An dieser Stelle beginnt die Reise des Mark Baum (Steve Carell). Jared Vennett (Ryan Gosling) möchte ihn überzeugen gegen den Immobilienmarkt zu wetten. Vennett vermutet ebenfalls eine Blase, hat aber nicht das nötige Kapital um die entsprechenden CDS zu erwerben. Also versucht der Banker das kleine Team um Mark Baum von seiner Idee zu überzeugen. Baum ist dafür bekannt, ein Skeptiker zu sein und gerne gegen das System zu wetten. Doch bei Immobilien ist er skeptisch. Ihm ist bewusst, dass ein Crash, wie ihn Vennett prognostiziert, eine Finanzkrise mit sich bringen würde.

In der Folge beginnen Mark Baum und sein Team sich die Sache näher anzusehen. Was sie beim näheren Hinsehen entdecken, schockiert sie: Leerstehende Häuser in Florida. Makler, die sich damit brüsten Kredite an unwissende Einwanderer zu vergeben. Banker, die Finanzinstrumente aufsetzen, die keine mehr versteht und mit denen sie faule Kredite verstecken. Ratingagenturen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Banken stehen und damit ihr Unabhängigkeit aufgeben. Kurzum: Ein faules System. Ein System, das sich ihres Tun bewusst ist. Die Party muss irgendwann enden, doch solange wird kräftig abkassiert.

Das Team ist überzeugt: Hier ist eine riesige Blase entstanden und sie wird bald platzen. Vinnie Daniel aus dem Team akzeptiert also Vennetts Angebot:

„Vinnie Daniel: How are you fucking us?

Jared Vennett: When you come for the payday, I’m gonna rip your eyes out. I’m gonna make a fortune. The good news is Vinnie, you’re not going to care cause you’re gonna make so much money. That’s what I get out of it. Wanna know what you get out of it? You get the ice cream, the hot fudge, the banana and the nuts. Right now I get the sprinkles, and yea – if this goes thru, I get the cherry. But you get the sundae, Vinny. You get the sundae.

Vinnie Daniel: All right. I buy that. Thank you.“

Der Rest ist Geschichte. Die Blase platzt und macht Millionen Menschen arbeitslos, vernichtet Pensionen, treibt Menschen aus ihren Häusern. Und ein paar wenige, die gegen den Markt wetteten, macht sie extrem reich.

Und noch etwas anderes geschieht: Diejenigen, die verantwortlich waren, kommen mit einem blauen Auge davon. Die meisten Banken werden mit Staatshilfen gerettet, keiner wandert ins Gefängnis und die Party hat scheinbar nur einen kleinen Dämpfer erfahren. Die Schlussszene lässt den Zuschauer nachdenklich zurück: Mark Baum sieht sich in einem emotionalen Dilemma. Er hat gerade Millionen durch ein System verdient, das er mehr und mehr verabscheut. Man bleibt zurück und fragt sich: „Kann das nochmal passieren?“.

Der schmale Grad zwischen Tragödie und Komödie funktioniert erstaunlich gut

Der Film vermag ein komplexes, und in den Details trockenes, Thema spannend aufzubereiten. Auch Zuschauer, die Finanzen langweilig finden und um Börsen einen großen Kreis machen, werden gut unterhalten. Der Produzent gibt genügend Details um die Ursachen der Krise zu verstehen ohne in finanzmathematische Tiefen abzutauchen. So erklärt Margot Robbie in der Badewanne schon mal CDS, der Star-Koch Anthony Bourdain vergleicht CDOs mit Fischsuppe und Selana Gomez zeigt uns, wie an der Wallstreet gezockt wird.

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So bringt Regisseur Adam McKay einem breiten Publikum die Ursachen der Finanzkrise näher ohne zu langweilen. Gleichzeitig wird immer wieder der Ernst der Situation unterstrichen und der Film lässt einen nachdenklich zurück.

Mit persönlich hat der Film sehr gut gefallen und ich kann ihn nur empfehlen. Man wird exzellent unterhalten und kann gleichzeitig etwas lernen.

Am Schluss denkt man sich: „Wow, das ist so eine absurde Geschichte, die müsste eigentlich fiktional sein.“ Traurigerweise basiert sie auf der Realität und betrifft Million von Einzelschicksalen. Fast selbstverständlich fragt man sich im Anschluss, ob die entsprechenden Schlüsse aus der Krise gezogen worden sind. Wird der Markt entsprechend reguliert? Wäre eine solche Krise erneut möglich? Das alles ist wohl schwierig zu beantworten ohne Insider zu sein. Die Produzenten jedenfalls scheinen skeptisch zu sein.

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Der Film ist mittlerweile als DVD, Blu-ray oder zum Ausleihen erhältlich.

Wie hat dir der Film gefallen? Hinterlasse doch einen Kommentar 🙂

Cheers.

 

2 Kommentare

  1. Hey,

    wir haben den Film uns damals im Kino angesehen. An einem Wochentag, abends in der OV. Wir gingen in ganz normaler Kleidung; ich: blaue Chino und Longsleeve; Marielle: Jeans und Top.

    Es war das erste Mal, dass wir völlig underdressed in einer ausverkauften Vorstellung gesessen haben.

    Nun wir waren in Frankfurt im Kino und alle Banker hatte es nach Feierabend in den Film gezogen. Ein echt spannendes Schauspiel, was wir so noch nicht erlebt haben.

    Der Film hat uns beide überzeugt. Und es ist so unglaublich viel passiert: Tragik, Comedy, Philisophie, Ethik. Dass wir am Ende des Films gerne nochmal zurück gespult hätten, um ihn erneut anzusehen.

    Unser Fazit:
    Die Produzenten haben es geschafft eine unglaubliche Geschichte, in eine wortgewandte Darstellung zu verwandeln, die die Zuschauer teils mit offenem Mund und fassungslos im Sessel verschwinden lässt.

    Beste Grüße
    Mike & Marielle

    • Hallo Mike & Marielle,
      besten Dank für euren Kommentar!

      Das klingt doch nach dem optimalen Setting um einen Film über die Finanzkrise zu schauen. Das gelbliche Schimmern des Commerzbank-Towers, welches sich auf dem Rhein spiegelt. Das gläserne EZB-Gebäude etwas außerhalb, fast so als würde es die übrigen Banken argwöhnisch beäugen. Und neben einem der Banker nach eine 12 Stunden Schicht im feinen Zwirn. Das nennt man athmosphärisches Kinoerlebnis 🙂

      Beim Fazit bin ich ganz bei euch. Der Film vermag es eine enorme Bandbreite an Emotionen und Genres zu vereinen, ohne dabei überladen zu wirken. The Big Short schafft es Hintergründe zu vermitteln und gleichzeitig bestens zu unterhalten.

      Beste Grüße und weiterhin viel Freude an eurem Blog
      Pascal

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